Was am Mittwoch im Thüringer Landtag passiert ist, hätte sich kein Drehbuchautor schlechter ausdenken können. Um den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung zu verhindern, ließen sich CDU und FDP von der AfD zu einem Schäferstündchen verführen, das nun für Schockwellen bis Berlin sorgt.

Wir machen keine gemeinsame Sache mit der AfD, das ist eigentlich die Beschlusslage bei CDU und FDP. Aber das galt plötzlich nicht mehr, und nun ist der FDP-Politiker Thomas Kemmerich Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslands. Ermöglicht wurde das durch die List der AfD, die – Pardon – eigene Blödheit und die Unfähigkeit der Thüringer Landes-CDU.

Demonstranten vor der Bundesgeschäftsstelle der FDP.
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Natürlich steckt vor allem Kemmerich hüfthoch im Schlamassel, doch am Nasenring durch die parlamentarische Manege wurde nicht nur er gezogen (und hat sich ziehen lassen), sondern auch FDP und CDU. Offenbar hat niemand den Braten gerochen, die AfD hat sie ausgetrickst.

Sie schickte eine Marionette in die Wahl, und FDP wie CDU tappten in die Falle oder wollten das Szenario vielleicht auch. Während die AfD triumphiert, weil sie es nun doch geschafft hat, sich ins sogenannte "bürgerliche Lager" zu drängen, sind CDU und FDP vollkommen blamiert.

CDU-Mann Mike Mohring, der selbst Ministerpräsident von Thüringen hatte werden wollen, schaffte gar nichts Eigenes. Keine Kandidatur, keine Koalition, er machte sich bloß zum Erfüllungsgehilfen des Rechts-außen Björn Höcke. Und Kemmerich war so null Komma null vorbereitet, dass es fast wehtut. So geht man nicht mit einem hohen öffentlichen Amt und mit politischer Verantwortung um.

Jetzt ist er ein Ministerpräsident ohne Team und ohne Plan. Wie er aus diesem Desaster wieder herauskommt, ist vollkommen unklar. Der Wahltag jedenfalls wird als jener Tag in die Geschichte Deutschlands eingehen, an dem die Brandmauer zur AfD, die doch CDU und FDP angeblich so wichtig war, zusammengebrochen ist.

Wir wollen mit der AfD nichts zu tun haben – diese Argumentation kann man FDP und CDU nun nicht mehr abnehmen. Der Finger wird immer wieder nach Erfurt zeigen, wo man jenen zum Triumph verholfen hat, die CDU und FDP eigentlich hatten bekämpfen wollen. Mit dem Ruf nach Neuwahlen macht man es sich jetzt sehr einfach. Die Wähler sollen ausbügeln, was Politiker verbockt haben. (Birgit Baumann, 5.2.2020)