Wo die Kugel landet, ist ungewiss. Wer im Vorstand einer Aktiengesellschaft wie den Casinos Austria landen darf, ist gesetzlich geregelt.

Foto: Elmar Gubisch

Wien – War Peter Sidlo fachlich als Finanzvorstand der Casinos Austria AG (Casag) ungeeignet, hätte er vom Aufsichtsrat nicht bestellt werden dürfen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa Postenschacher beschäftigt. Sie hegt den Verdacht, hinter der Bestellung sei ein Deal zwischen Casag-Aktionär Novomatic und FPÖ gestanden; die Beschuldigten bestreiten das.

Der Aufsichtsratschef des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns, Walter Rothensteiner, hatte sich im Vorfed der Bestellung Sidlos (FPÖ) skeptisch gezeigt, dessen Kür erfolgte trotzdem. Am 2. Dezember des Vorjahres dann berief der Aufsichtsrat Sidlo ab: wegen "gröblicher Pflichtverletzungen" nach der Bestellung "und nicht, weil Sidlo für die Vorstandsfunktion nicht geeignet wäre", schrieb Rothensteiner der WKStA am 9. Dezember.

Rothensteiners Widerstreben

Darin erklärt er sein "Widerstreben", das er zunächst gegen Sidlos Bestellung gehabt habe. Er sei immer der Ansicht gewesen, dass der die gesetzlichen Voraussetzungen für den Job erfülle. Seine Skepsis sei ausschließlich darin begründet gewesen, "dass ich mir auf einer rein persönlichen Ebene eine Zusammenarbeit mit Sidlo ... eher schwierig vorgestellt habe. Dies hatte ausschließlich persönliche Gründe."

Was also waren diese persönlichen Gründe? Seine Begegnungen mit Sidlo im Umfeld der Sitzungen des Nationalbank-Generalrats, in dem beide Sitz und Stimme haben, klärt Rothensteiner im Schreiben an den Staatsanwalt auf. Die Art und Weise, wie Sidlo mit ihm gesprochen habe, hätten ihn kurzfristig sogar erwägen lassen, seinen Aufsichtsratsvorsitz zurückzulegen, "für den Fall, dass Mag. Sidlo zum Vorstand bestellt wird". Mit den gesetzlichen Qualifikationen, die Sidlo "ohne Zweifel erfüllte", habe das aber nichts zu tun gehabt, wiederholt der Aufsichtsratschef und Raiffeisen-Generalanwalt. Der Personalberater sah die Eignung des freiheitlichen Kandidaten als Finanzvorstand bekanntermaßen sehr skeptisch.

Rothensteiner berichtet dem Staatsanwalt dann auch, dass sich seine Bedenken als unbegründet herausgestellt hätten. Die Zusammenarbeit mit Vorstandsmitglied Sidlo in den ersten Wochen seiner Tätigkeit habe sich als "professionell und persönlich als unproblematisch" dargestellt.

Bewerbung auf dem Gang

Aus den Aussagen Rothensteiners vor den vom Aufsichtsrat beauftragten Prüfern erschließt sich, was er mit dem Umgangston Sidlos gemeint haben könnte. Der sprach ihn am 4. September 2018 in der OeNB an, als er, Rothensteiner die Generalratssitzung vorzeitig verlassen musste. Deshalb sei ihm Sidlo "auf den Gang gefolgt" und habe ihn dort angesprochen – mit der inzwischen bekannten Frage, ob es "für die FPÖ eigentlich auch einen Job in der Casag gebe". Rothensteiner reagierte laut seiner und Sidlos Darstellung ungehalten: Er wünsche keine politischen Besetzungen.

Auch die internen Prüfer kamen in ihrem Endbericht zum Schluss, dass Sidlo fachlich geeignet sei. Zitat: "Der Aufsichtsrat interpretierte die gesetzlichen Vorgaben in vertretbarer Weise und beachtete in Bezug auf die fachliche Eignung Sidlos die vom Aufsichtsrat einer AG geschuldete Sorgfalt."

Intervention schadet nicht

Daran ändere auch nichts, "dass der Einstieg von Sidlo ein von der ersten Minute an für den Aufsichtsrat erkennbar parteipolitischer war". Auch die folgenden Interventionen, die in ihrer vollen Intensität aber nur Aufsichtsratsvize und Novomatic-Chef Harald Neumann bekannt gewesen seien, hätten Sidlo nicht per se ausgeschlossen, so die internen Prüfer.

Stichwort Novomatic: Der Glücksspielkonzern wird sich künftig aufs internationale Geschäft fokussieren und sich nicht mehr um Lizenzen für das Kleine Glücksspiel bewerben, wenn die auslaufen. Das gab Neumann am Mittwoch bekannt. Derzeit hält der Konzern Zulassungen in allen fünf Bundesländern, in denen es solche Landesausspielungen gibt. (Renate Graber, 6.2.2020)