Der aus Ungarn stammende EU-Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi sieht den Westbalkan als "geostrategisches Ziel".

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Im Herbst hatte der französische Präsident Emmanuel Macron den von der EU-Kommission empfohlenen Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien beim EU-Gipfel gestoppt. Nun sieht es danach aus, als könnte Paris seinen Widerstand aufgeben, sodass die Gespräche mit den beiden Beitrittswerbern noch im Frühjahr beginnen könnten.

Darauf deutet die erste Reaktion der französischen Regierung auf neue Vorschläge der Kommission am Mittwoch in Brüssel hin, die auf eine Reform des Beitrittsprozesses, strengere Regeln abzielen. Macrons Argument war, dass die EU nicht immer so ohne Weiteres in neue Verhandlungen hineingehen sollte, ohne Garantien dafür, dass man aus diesem Prozess auch wieder aussteigen kann, wenn es zu Verstößen gegen EU-Kriterien von Rechtsstaatlichkeit kommt, wie bei der Türkei. Tatsächlich bedarf es eines einstimmigen EU-Beschlusses, um das zu stoppen.

Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi sieht nun vor, dass es im Verhandlungsprozess nicht nur Anreize für Wohlverhalten, sondern auch Sanktionen geben kann. Es sei klar, dass die EU-Erweiterung auf den Westbalkan "ein geostrategisches Ziel" der Gemeinschaft ist.

Neben Albanien und Nordmazedonien, die Várhelyi in sechs bis acht Jahren als Mitglied sieht, gibt es vier Bewerber: Mit Serbien und Montenegro wird bereits verhandelt. Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind weit davon entfernt. Der Kommissar geht davon aus, dass Albanien und Nordmazedonien vor Mai starten könnten.

Dafür müsse noch eine Menge Arbeit erledigt werden, sagte er. Frankreich ist nach den Worten von Europastaatssekretärin Amélie de Montchalin erfreut über die Vorschläge, die mehr "politische Kontrolle" über den Beitrittsprozess erlaubten. Sie nannte zwei Bedingungen für einen Start: Der Erweiterungsbericht der Kommission im März müsse positiv ausfallen, insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Und die EU-Staaten müssten den Ansatz der Kommission billigen, ohne ihn gleich wieder zu verwässern. Paris wolle den Erfolg beim Erweiterungsgipfel in Zagreb im Mai.

Kurz will EU-Budgetrabatt

Diese Entwicklung ist ganz im Sinne Österreichs, das sich sehr für den Westbalkan starkmacht. Bundeskanzler Kurz kam Mittwoch zu einem Kurzbesuch nach Brüssel, wo er mit dem Ständigen Ratspräsidenten Charles Michel dazu Gespräche führte. Anlass war jedoch der am 20. Februar stattfindende EU-Sondergipfel zum EU-Budgetrahmen 2021 bis 2027. Michel hofft auf einen Budgetdurchbruch, empfängt diese Woche 16 der 27 Regierungschefs. Kurz will zunächst hart bleiben, betonte, dass die EU-Beiträge bei einem Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt werden sollen.

Im Hintergrund bereitet sich die Regierung auf ein hartes Ringen mit den EU-Partnern um Beiträge und Subventionen vor. So könnte Wien bei den Beiträgen flexibler sein, sollte die EU-Kommission bereit sein, bisherige Budgetrabatte zu erhalten und die relativ hohen Förderungen für Österreichs Bergbauern nicht wie geplant zu streichen. Dabei geht es um einige hundert Millionen Euro pro Jahr, die der Kanzler heraushandeln will. (Thomas Mayer aus Brüssel, 6.2.2020)