72 Prozent der Kinder zwischen null und sechs Jahren nutzen zumindest gelegentlich digitale Medien.

Foto: APA/dpa/Tobias Hase

Die Mediennutzung von Kindern hat sich mit dem Aufkommen von Smartphones und Tablets drastisch verändert. Schon die Jüngsten haben Zugang zu digitalen Medien – konkret verwenden 72 Prozent aller Kinder bis zum Alter von sechs Jahren gelegentlich solche Geräte. Das geht aus einer aktuellen Studie der Initiative Safer Internet hervor und wirft mehrere Fragen auf. Wie wird sich diese intensive Mediennutzung langfristig auswirken, und was ist überhaupt der adäquate Umgang in dieser Altersgruppe mit Smartphone und Co?

Ein Phänomen der neuen Generation

Die Studie, zu der 400 Eltern von Kindern zwischen null und sechs Jahren befragt wurden, zeigt, wie sehr sich die Welt der Kinder von heute von der Kindheit ihrer Eltern unterscheidet. Die Elterngeneration ist mit Fernsehern aufgewachsen, eventuell schon mit ersten Computern, Spielkonsolen und Internetzugang. Smartphones, Tablets, soziale Medien und deren ständige Verfügbarkeit sind aber erst seit wenigen Jahren Thema.

Was die Elterngeneration erst im Jugend- oder Erwachsenenalter kennengelernt hat, ist für die Kleinsten heute Alltag. Tablets und Smartphones sind die beliebtesten Geräte, und 38 Prozent der unter Sechsjährigen können sie allein bedienen. 24 Prozent nutzen digitale Medien täglich, 33 Prozent zumindest mehrmals die Woche.

Erstmals in Kontakt mit internetfähigen Geräten kommen Kinder durchschnittlich bereits im Alter von einem Jahr. 22 Prozent der Kinder im Kleinkind- und Vorschulalter haben schon ein eigenes Handy oder ähnliches Gerät. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes, denn auf diesen Geräten lassen sich Einschränkungen etwa für Apps oder Internetseiten besser einrichten. 50 Prozent der Kinder verwenden Geräte der Eltern – Kinderschutzmaßnahmen sind hier unpraktischer.

Videos und Fotos besonders beliebt

Was machen so kleine Kinder mit Smartphone und Tablet? Die meisten schauen sich darauf Videos (71 Prozent) und Fotos (61 Prozent) an. Ob es sich dabei um Inhalte aus dem Internet oder selbst angefertigte Aufnahmen handelt, wird in der Studie nicht weiter aufgeschlüsselt. Auch Musikhören und Spielen ist mit jeweils über 50 Prozent sehr beliebt bei den Kleinen.

Sofern das alles mit Maß und Ziel geschieht, ist es kein Problem. Was bedeutet aber mit Maß und Ziel? Safer Internet gibt dazu konkrete Empfehlungen ab. Bis zum Alter von 18 Monaten sollte man Bildschirmzeit komplett vermeiden. Kinder unter drei Jahren sollten maximal zehn bis fünfzehn Minuten am Stück Handy und Co verwenden. Zwischen vier und sechs Jahren sollte man Kinder nicht länger als 20 Minuten am Stück und maximal eine Stunde am Tag digitale Geräte nutzen lassen. Zehn Prozent der Kinder zwischen drei und sechs Jahren dürfen sich Videos vor dem Einschlafen ansehen. Die Empfehlung hier: Spätestens eine Stunde vor dem Schlafengehen sollte Schluss sein.

Eltern als Vorbilder

Eltern und ältere Geschwister haben eine enorme Vorbildwirkung auf kleine Kinder. Und das ist auch der Knackpunkt. Denn 99 Prozent der befragten Eltern nutzen das Internet selbst mehrmals täglich und verbringen durchschnittlich zwei Stunden für private Zwecke im Netz. Kinder, deren Eltern ständig am Handy hängen, wollen das natürlich auch. In Kindergärten finden sich daher immer öfter Hinweisschilder, dass Eltern beim Abholen der Kinder doch bitte einmal das Handy weglegen sollten. Der Nachwuchs – und eventuell auch die Pädagogen – benötigen die volle Aufmerksamkeit der Eltern.

Die Erwachsenen sind sich ihrer Vorbildwirkung dabei durchaus bewusst. Das Problem ist, dass sie selbst aus ihrer Kindheit kaum bis gar keine Erfahrung mit Medienerziehung haben und es vielen daher schwer fällt, das richtige Maß bei ihren eigenen Kindern anzuwenden. Auch wenn 20 Prozent durchaus ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihr Kind quasi vor dem Bildschirm parken, machen es doch 26 Prozent als Erleichterung für den Alltag. Die Langzeitfolgen sind heute noch nicht absehbar, da es bisher nichts Vergleichbares gegeben hat.

Umso wichtiger ist, dass Kinder frühzeitig in ihrer Mediennutzung begleitet werden. Keinesfalls sollten sie allein im Internet surfen dürfen. Daher ist schon die Heranführung in Kindergarten und Volksschule an digitale Medien laut Safer Internet besonders wichtig. Die von der EU geförderte Initiative bietet diverse Materialien für Eltern und Kinder. Am 11. Februar findet der jährliche Safer Internet Day mit verschiedenen Aktionen statt. (Birgit Riegler, 6.2.2020)