Mäuse machen einen großen Anteil der für Versuche verwendeten Tiere aus.

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Ein neuer EU-Bericht gibt erstmals einen Gesamtüberblick über die in Europa für Forschungszwecke verwendeten Tiere. Demnach wurden 2017 in der EU 10,7 Mio. Tiere in Tierversuchen verwendet. Zudem wurden 12,6 Mio. Tiere für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet und getötet, aber nicht für Lebendversuche verwendet. Sie wurden etwa für die Herstellung von Zelllinien für Organoide oder die Schaffung genetisch veränderter Tiere genutzt.

Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht für die Jahre 2015 bis 2017 soll die jährliche Tierversuchsstatistik ergänzen. Damit will die EU-Kommission mehr Transparenz schaffen. Die Veröffentlichung umfasst unter anderem Informationen über die in den einzelnen Mitgliedsstaaten für Tierversuche zuständigen Behörden, Ausbildung und Schulungen von mit Tierversuchen befassten Personen, Genehmigung und Ablehnung von beantragten Projekten, Inspektionen von Tierversuchseinrichtungen und eben auch Daten über "alle anderen Tiere", die in den Jahresstatistiken nicht erfasst werden.

264.000 Tiere in Österreich verwendet

In Österreich wurden, wie bereits aus der jährlichen Statistik bekannt, 2017 rund 264.000 Tiere in Tierversuchen verwendet. 2018 ist diese Zahl dann um rund zehn Prozent auf 238.000 gesunken. Dem neuen EU-Bericht zufolge wurden zudem in Österreich 2017 rund 298.000 Tiere gezüchtet, getötet und nicht in Lebendversuchen verwendet (der Bericht weist für alle Mitgliedsstaaten nur für dieses Jahr diese Daten aus, Anm.). Der größte Anteil davon waren Mäuse (rund 84 Prozent), Zebrafische (elf Prozent) und Ratten (fünf Prozent).

Rund die Hälfte dieser Tiere (147.000) wurden speziell gezüchtet und getötet, um beispielsweise Organe oder Gewebe für Zelllinien oder Organoide zu verwenden. Die andere Hälfte (151.000) wurde zur Schaffung oder Erhaltung genetisch veränderter Tiere verwendet.

"Das sind gesunde Zebrafische oder Mäuse, die dazu da sind, dass man zu dem Zeitpunkt, an dem man einen Tierversuch braucht, Nachkommen hat, und die ohne Schmerzen oder Beeinträchtigungen leben", erklärte der Direktor des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Jürgen Knoblich. Solche Tiere würden zudem benötigt, um etwa ihren genetischen und biologischen Hintergrund genau zu kennen. Das erhöhe die wissenschaftliche Qualität und Zuverlässigkeit der Ergebnisse. "Damit kann man das Schlimmste vermeiden, nämlich dass man einen Tierversuch wiederholen muss", so Knoblich.

Für viele Versuche werden auch eine bestimmte Anzahl von Tieren eines Geschlechts oder eines gewissen Alters benötigt. Im Wissenschaftsministerium nennt man zur Erklärung als vereinfachtes Beispiel einen Versuch, für den 16 weibliche Mäuse benötigt werden. Um diese Zahl zu erreichen, müssten insgesamt 42 Mäuse gezüchtet werden.

Anstrengungen zur Verminderung

Die Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Petra Winter, und die Vizerektorin der Medizinischen Universität Wien, Michaela Fritz, hoben auch die Anstrengungen der Wissenschaft zur Umsetzung des "3R-Prinzips" (Vermeidung, Verminderung, Verbesserung; engl: replace, reduce, refine) hervor. Winter nannte etwa das European Mouse Mutant Archive (EMMA), wo etablierte und getestete Mausstämme für die weitere Forschung in Form von Eizellen, Spermien und Embryonen in flüssigem Stickstoff konserviert und bei Bedarf bestellt werden können. Fritz verwies auf einen von den Medizin-Unis und weiteren Einrichtungen gebildeten Verein zur Förderung von alternativen Biomodellen, der die Vernetzung fördere, um bei Haltung, Zucht und Qualität der Versuche voneinander zu lernen und sich zu verbessern.

Fritz plädierte auch dafür, die Tierversuchszahlen in Relation zum wachsenden Life-Science-Standort Österreich zu sehen. Immerhin steige die Zahl der im Life-Science-Bereich aktiven Unternehmen, akademischen Einrichtungen und ihr Output an Publikationen und Umsatz. Allein die Zahl der Beschäftigten sei von 2014 auf 2017 von über 51.000 auf mehr als 55.000 gestiegen und es gebe 67.000 Studenten in 55 akademischen Einrichtungen im Life-Sciences-Bereich. (APA, red, 6.2.2020)