Foto: artdepot

Ein schmuckes Biedermeier-Häuschen, eingeklemmt zwischen zwei hohen Schornsteinen, daran wirkt zunächst nichts ungewöhnlich, doch es stellt sich alsbald leise Irritation ein. Denn die Eingangstür entpuppt sich als Fenster, und anstelle der Fenster machen lauter Türen die Fassade dicht. Es sind manchmal nur minimale Verschiebungen, mit denen Christoph Raitmayr seine Architekturmodelle vom Wahrscheinlichen oder Realen ins Surreale kippen lässt.

Oft geht’s aber auch tiefer ins Kaninchenloch der auf den Kopf gestellten Verhältnisse: Dann lugen zwei flach gepresste Einfamilienhäuser wie Brotscheiben aus einem Toaster. Woanders hockt ein Häuschen nestartig am oberen Ende einer Skisprungschanze.

Raitmayr, 1977 in Innsbruck geboren, hat bei Erwin Wurm gearbeitet und bei Bruno Gironcoli studiert. Sein Spiel mit architektonischen Versatzstücken lässt sich als ironischer Kommentar zu realen Verhältnissen verstehen, es wohnt ihm aber auch ein starkes melancholisches Moment inne. Es geht um Rückzug aus der Wirklichkeit, um surreale Schutzbehausungen, um selbst erschaffene, traumartige Inseln.

Niedrige Podeste

Die Bühnen dafür bilden niedrige Podeste, auf denen Raitmayr seine Skulpturen und Objektarrangements stets präsentiert. Letztere bestehen auch aus Fotografien, die der Künstler aus dem Internet fischt und ihrerseits zu Bühnenelementen macht. Dramatische Landschaften werfen sich da schon einmal als Bodenbelag vor fiktiven Loos-Häusern nieder.

Dass Christoph Raitmayr auch ein spannender Zeichner ist, sieht man in der aktuellen Ausstellung im Innsbrucker artdepot leider nicht, dafür wecken gerade die formal strengsten und reduziertesten Modelle die schönsten Assoziationen – etwa wenn sich geometrische Farbmuster in Regen verwandeln, der schräg auf den Sockel eines fensterlosen Hauses fällt. (ij)