Die Brotbäckerin und Autorin Barbara van Melle lebt in einem Haus mit Garten im 22. Bezirk. Die Gegend ist für sie die perfekte Verbindung von Stadt und Land – und das Zuhause der wichtigste Ort.

"Im Jahr 2001 sind wir von Hietzing in den 22. Bezirk gezogen. Damals waren alle bass erstaunt, es gab viele negative Reaktionen, nach dem Motto: Wie kann man nur über die Donau gehen? Aber ich bin ganz entspannt, was das angeht, und denke mir: Wer diese Meinung vom 22. hat, soll bleiben, wo er ist.

Über die Donau zu ziehen war eine gute Entscheidung, sagt Barbara van Melle.
Foto: Nathan Murrell

Unser altes Haus lag nur vier Minuten vom ORF-Zentrum entfernt, damals habe ich noch bei Thema gearbeitet. Das war sehr praktisch. Als mein Sohn noch ein Baby war, bin ich sogar in den Mittagspausen nach Hause gegangen, um ihn zu stillen. Irgendwann wollten wir aber keine Miete mehr zahlen und haben uns nach einer anderen Bleibe umgesehen.

Erst haben wir ausschließlich im Westen Wiens nach einem Haus gesucht. Der Makler hat uns dann trotzdem dieses Haus vorgeschlagen. Und nachdem wir es gesehen hatten, haben wir uns überlegt: Wenn man nicht einmal in derselben Stadt in eine andere Gegend ziehen kann, wie soll man dann jemals in eine andere Stadt, ein anderes Land oder sogar auf einen anderen Kontinent ziehen können? Wir haben dann aufgehört, so stur zu sein, und zugesagt.

Und heute liebe ich die Gegend wirklich. Alleine das Gefühl, das ich habe, wenn ich über die Donau fahre – diese Seite Wiens ist für mich mit einem Heimatgefühl verbunden. Die Region ist die perfekte Verbindung von Stadt und Land, es gibt unglaublich viel Natur. Das Mühlwasser ist in der Nähe, die Lobau, der Nationalpark Donauauen schließt an – dort verbringen wir viel freie Zeit.

"Das Zuhause ist der wichtigste Ort, den man haben kann", so die leidenschaftliche Brotbäckerin.
Foto: Nathan Murrell

Am Morgen fahre ich oft mit dem Fahrrad zur Arbeit, über die Donauinsel und die Prater-Hauptallee in die Stadt, vorbei an der Urania und am Stadtpark. Auf der Strecke habe ich alles, was ich an Wien liebe – Natur und Urbanität. Ich sehe Rehe, Enten, Fischer, komme aber gleichzeitig am Konzerthaus und dem Akademietheater vorbei.

Das Zuhause ist der wichtigste Ort, den man haben kann. Es ist ein Rückzugsort. Wir haben viel Platz, bewohnen das Haus aber auch zur Gänze, ungenutzte Räume gibt es nicht. Mein Arbeitszimmer etwa liegt oben unter dem Dach. Ich weiß, dass man auch auf weniger Fläche glücklich sein kann. Wichtig ist aber, dass jeder einen Rückzugsort hat. Aktuell wohnen hier mein Mann, zwei unserer Kinder und ich.

Manchmal wird es etwas lauter, etwa wenn nachts um zwei Uhr die Küchenmaschine läuft.
Foto: Nathan Murrell

Was an einem Haus toll ist: dass ich immer Lärm machen kann. In vielen Wohnungen geht das nicht. Ich bin froh, dass es keinen Nachbarn gibt, der sich aufregt, wenn ich um zwei Uhr früh die Küchenmaschine laufen lasse oder laut Musik höre. Das empfinde ich als extremes Privileg. Überhaupt bin ich sehr demütig, dass wir so wohnen können. Als ich jung Mutter geworden bin und oft nicht wusste, wie ich die Miete zahlen soll, hätte ich mir das nie vorstellen können.

Mein Garten ist mir sehr wichtig, auch wenn er Arbeit macht. Ich finde, es hat etwas, wenn man vom PC aufstehen und mit den Händen arbeiten kann – ähnlich wie beim Brotbacken. Was bei unserem Haus noch so schön ist: Von jeder Seite sieht man ins Grüne. Vom Schlafzimmer sieht man überhaupt nur Bäume und Himmel. Und es ist sehr ruhig. Eine Ruhe, die ich brauche.

Dann ist Barbara van Melle froh, dass sie keine direkten Nachbarn hat, die vom Lärm gestört werden könnten.
Foto: Nathan Murrell

Eines meiner liebsten Stücke ist der Esstisch. Er ist an sich schon groß, lässt sich aber noch ausziehen, dann ist er drei Meter lang, und 14 Personen haben locker Platz. Wenn am Wochenende alle Kinder mit Anhang da sind, brauchen wir den Platz auch. Ich mache sehr gerne große Essen für Freunde und Familie. Bei uns hat Wohnen einen hohen Stellenwert, und alle kommen gerne nach Hause. Auch die Kinder, die schon ausgezogen sind." (Bernadette Redl, 10.2.2020)