Besprechungen im Stehen verlaufen oft zeiteffizienter und fokussierter, sagt Bernhard Schwartz.

Foto: Thomas Altendorfer

"Lieber schlecht gesessen als gut gestanden", sagt der Volksmund. Argumente dagegen hat der gebürtige Wiener Bernhard Schwartz in seiner Dissertation am Institut für Sportwissenschaft an der Universität Wien ausgebreitet. Für diese wurde ihm kürzlich der Award of Excellence 2019 verliehen, mit dem das Wissenschaftsministerium die 40 besten Dissertationen des Studienjahres honoriert.

Die Veränderung der Arbeitswelt bringt es mit sich, dass Berufe im Dienstleistungssektor mehr werden und körperliche Tätigkeiten weniger. Dadurch sitzen Menschen automatisch länger, und auch am Abend ist die Couch verlockender als das Fitnessstudio. Was läge also näher, als Bewegung gleich in den Arbeitsalltag zu integrieren?

Bisherige Forschungsergebnisse konnten zeigen, dass Personen, die regelmäßig das Sitzen unterbrechen, bessere Blut- und Fettwerte aufweisen. Dennoch sind Sitz/Steh-Arbeitsplätze weiterhin selten, und die Motivation, solche einzurichten, ist auf Arbeitgeber- und -nehmerseite oft gering. Für Schwartz ist das Grund genug zu fragen, warum der Geist zwar wissend und willig ist, das Fleisch aber trotzdem schwach.

Leidende Leistung?

Zum einen gibt es Bedenken, dass die Leistung darunter leiden könnte, Fehler passieren, und die Meinung ist recht fest verankert, dass Meetings im Stehen oder gar Gehen kein "richtiges Arbeiten" sind. Zum anderen ist die reine Information über gesundheitliche Vorteile meist nicht genug für eine nachhaltige Verhaltensänderung. Schwartz zitiert auch den sozialen Aspekt, der Menschen hemmt, vorhandene Sitz/Steh-Arbeitsplätze zu nützen: "Wenn meine Kollegen nicht stehen, möchte ich auch nicht stehen." Darum wurde in den durchgeführten Studien darauf geachtet, dass sich die Stehmöglichkeiten nicht isoliert mitten im Raum befinden. Unabdingbar ist das Engagement der Vorgesetzten: Sie müssen selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Außerdem gilt es, die richtigen Trigger zu finden.

Schwartz fand heraus, dass Frauen viel stärker ansprechen auf die Aussicht, "gratis" Kalorien zu verbrennen und dafür nicht extra Sport in der Freizeit betreiben zu müssen. Er selbst gewöhnte sich an, Forschungsberichte und Unterlagen am Laufband gehend zu lesen. Das eliminiert Ablenkungen am Schreibtisch und Computer und erleichtert die Konzentration. Auch zu gehen, während man am Handy telefoniert, kann als Gelegenheit genützt werden, den Körper in Schwung zu bringen und sich eine Pause vom Sitzen zu verschaffen.

Spazier-Working

Besprechungen im Stehen verlaufen oft zeiteffizienter und fokussierter und können sogar für einen Spaziergang nach draußen verlegt werden, wenn keine Unterlagen benötigt werden und das Wetter es zulässt. Über all dem steht der große Anreiz der gewonnenen Zeit, die in der konzentrierteren Arbeit selbst eingespart wird.

Zeit, das ist für den 35-Jährigen ein wertvolles Gut. Zusätzlich zu seiner regulären Arbeit als Forschungskoordinator an der FH für Gesundheitsberufe OÖ in Linz hält er Vorträge an der Uni Wien und ist Mitgründer einer Firma, die Start-ups und Medizinproduktunternehmen dabei berät, klinische Studien umzusetzen und Zulassungsstudien durchzuführen. Das Thema Sport zieht sich auch durch seine verbleibende Freizeit, am liebsten Klettern. (plam, 6.2.2020)