In Geschäften in China können Verkäuferinnen auf Gesichtsmasken bestehen – in Österreich kaum.

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Die Zahl der Infektionen und auch der Todesopfer steigt weiter täglich an. Von China aus hat sich das Coronavirus mittlerweile in mindestens 25 Länder ausgebreitet. Das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft: In China aktive Unternehmen kämpfen mit Arbeitsausfällen, Produktionseinbußen und Betriebsstilllegungen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen damit unmittelbar vor der Frage, welche Verhaltensregeln in einer solchen Situation für sie gelten.

Klar ist, dass den Arbeitgeber die Pflicht trifft, eine Ansteckung von Mitarbeitern durch vorausschauende Schutzmaßnahmen bestmöglich zu verhindern. Dazu können die Zurverfügungstellung von Desinfektionsmitteln, Hygieneempfehlungen oder Tipps zum Verhalten bei Dienstreisen zählen. Schutzmasken müssen vom Arbeitgeber allerdings nur in Sonderfällen wie zum Beispiel der Arbeit in Krankenhäusern oder für Reisen in Risikogebiete bereitgestellt werden.

Die Angst vor einer Ansteckung hat in jüngster Zeit dazu geführt, dass Mitarbeiter in Eigeninitiative einen Mundschutz angelegt haben. Diese Maßnahme kann der Arbeitgeber dann untersagen, wenn aufgrund der jeweiligen Arbeitsumstände keine überdurchschnittlich hohe Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung eines Mitarbeiters besteht. Denn trotz seiner Fürsorgepflicht hat ein Arbeitgeber auch ein berechtigtes Interesse daran, Kunden nicht durch vorschnelle Maßnahmen wie das Tragen eines Mundschutzes zu verschrecken. Gerechtfertigt wäre dementsprechend das Tragen eines Mundschutzes zum Beispiel an Flughäfen, wo Mitarbeiter in hoher Frequenz mit chinesischen Reisenden in Kontakt kommen.

Dienstreisen verweigern?

Immer öfter stehen Unternehmen vor der Frage, ob Arbeitnehmer Dienstreisen nach China verweigern dürfen. Ein Weigerungsrecht besteht nur dann, wenn durch eine Chinareise die Gesundheit eines Mitarbeiters mit überdurchschnittlich hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet wird. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn eine Dienstreise in ein Gebiet erfolgen soll, für die eine Reisewarnung des Außenministeriums besteht. Eine solche besteht derzeit zum Beispiel für die chinesische Provinz Hubei, deren Hauptstadt Wuhan das Epizentrum des Virus ist.

Eine Dienstreise zu anderen Orten kann ein Mitarbeiter nur dann verweigern, wenn aufgrund konkreter Umstände zu befürchten ist, dass dort eine besonders hohe Ansteckungsgefahr besteht. Darunter würde zum Beispiel die Arbeit in chinesischen Gesundheitseinrichtungen zählen. Soweit es sich nicht um solche exponierten Orte handelt, haben Mitarbeiter Weisungen des Arbeitgebers, Dienstreisen anzutreten, auch während einer Virusepidemie zu befolgen. Um sich Diskussionen zur Rechtmäßigkeit solcher Weisungen zu ersparen, sollten Arbeitgeber aber trotzdem überlegen, persönliche Termine in China zumindest vorläufig durch Videokonferenzen, Telefonkonferenzen oder Webinare zu ersetzen.

Vorsicht ist für Mitarbeiter geboten, die freiwillig und trotz Reisewarnung eine Urlaubsreise in Risikogebiete vornehmen – und zwar nicht nur aufgrund der möglichen gesundheitlichen Folgen. Wenn sie aufgrund von Behinderungen am Flughafen oder Quarantänemaßnahmen nach dem Urlaub nämlich nicht rechtzeitig an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können, dann besteht für die Dauer der Verhinderung kein Entgeltanspruch. In diesem Fall ist die Dienstverhinderung nämlich schuldhaft verursacht.

Betriebsquarantäne und Homeoffice

Zunehmend diskutiert wird auch, ob ein Arbeitgeber Mitarbeiter angesichts einer möglichen Ansteckungsgefahr pauschal nach Hause schicken darf. Ein solches Recht ist klar zu bejahen, allerdings besteht dann eine Verpflichtung des Arbeitgebers, das Entgelt auch während einer solchen Betriebsquarantäne weiter zu zahlen. Umgekehrt sind Mitarbeiter nicht ohne weiteres berechtigt, aufgrund der Angst vor einer Ansteckung zu Hause zu bleiben. Ein Wegbleiben von der Arbeit wäre nur dann gerechtfertigt, wenn eine objektiv nachvollziehbare Gefahr besteht, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken. Ein solcher Fall läge zum Beispiel dann vor, wenn es im unmittelbaren Arbeitsumfeld eines Mitarbeiters bereits zu einer Ansteckung gekommen ist.

Komplexer ist die Frage, ob Arbeitgeber Mitarbeitern Arbeit im Homeoffice verordnen können. Eine Pflicht zur Heimarbeit besteht nur dann, wenn dies im Dienstvertrag entweder ausdrücklich vorgesehen ist oder darin eine Klausel enthalten ist, wonach der Mitarbeiter einseitig an einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort versetzt werden kann. Sollten derartige vertragliche Vorkehrungen nicht getroffen worden sein, müsste ein Mitarbeiter der Heimarbeit zustimmen.

Das heimische Arbeitsrecht gibt also durchaus hilfreiche Handlungsanleitungen, bei manchen Fragestellungen kommen die Beteiligten aber um differenzierte "menschliche" Abwägungen nicht herum. Vor allem in einer Phase, in der der Nervositätspegel hoch ist, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefordert, sich mit ruhiger Hand und Hausverstand auf die Argumente der jeweils anderen Seite einzulassen. (Phillip Maier, 7.2.2020)