Tausende Dollar Spenden können bei einem größeren Streamer in nur wenigen Stunden zusammenkommen.

Foto: Screenshot/Gamestandard

Amazons Streamingplattform Twitch kann einen anfangs etwas überwältigen. Tausende schauen anderen beim Spielen oder weiteren jugendfreien Aktivitäten zu, geben ihren Senf dazu und spenden Geld. Die bekanntesten Streamer sind Millionäre. Dank kostenpflichtiger Abos, Sponsorings und eben auch Almosen von Zuschauern kommen sie auf teils beachtliche Einnahmen. Fortnite-Streamer Ninja bestätigte etwa gegenüber NBC, dass er allein durch Abos monatlich 500.000 Dollar lukriert. Kotaku hat sich nun mit der Frage auseinandergesetzt, wieso eigentlich zumeist junge Menschen mit geringem Einkommen Geld an Millionäre auf der Plattform spenden.

Es geht um Aufmerksamkeit

Einem Großteil der Spender geht es wohl um Aufmerksamkeit. Bei einer Spende ab einem gewissen Wert wird ihre Nachricht nämlich zumeist während des Streams eingeblendet. Manche User bedanken sich dann auch dafür und lesen den Text vor. Ein junger Mann aus Florida bestätigt dieses Phänomen gegenüber "Kotaku". Er spendete in den vergangenen vier Jahren 5.000 bis 6.000 Dollar an Cory "King Gothalion" Michael. "Dass mein Name bei seinem Stream eingeblendet wird, hat mir einfach ein gutes Gefühl gegeben. Ich habe das dann auch bei kleineren Streamern getan", erzählt der US-Amerikaner.

Eine einseitige Beziehung

Allerdings hat der junge Mann aufgehört, Geld zu spenden. Ihm soll nämlich aufgefallen sein, dass die Beziehung mit den Streamern von seinen Spenden abhängig war. "Wenn ich ein paar Wochen lang kein Geld gespendet habe, wurde ich im Chat ignoriert", schildert er gegenüber dem Medium. Bei jedem Stream können User nämlich mit dem Streamer interagieren. Vor allem kleinere Nutzer bauen teilweise persönliche Beziehungen auf. Bei größeren Streamern ist das angesichts der Menge an Nachrichten schwierig. Im Sekundentakt geben dann Nutzer ihren Senf ab, sodass man dem Geschehen kaum folgen kann.

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Für Content bedanken

Der Mann aus Florida ist allerdings ein Extremfall. Viele User spenden Geld an Streamer, um ihren Dank für die Inhalte auszudrücken. Eine Frau vergleicht das mit der Unterstützung von lokalen Geschäften. Einem anderen Nutzer ist es wiederum egal, wie viel Geld ein Streamer hat, den er mit seinen Spenden unterstützt. "Wenn sie etwas machen, was mein Leben verbessert, habe ich kein Problem damit, sie auch finanziell mit Spenden oder einem Abo zu unterstützen. Ich denke gar nicht daran, dass die mehr Geld als ich haben", erzählt der Twitch-Nutzer.

Therapie-Alternative

Manchen Usern sollen Streams sehr helfen. Ein Mann schildert etwa gegenüber "Kotaku", dass er trotz Mindestlohns 20 Dollar an einen Streamer geschickt hatte, einfach um sich für dessen Arbeit zu revanchieren. "Seine Streams haben mir geholfen, mich zu entspannen, und geben mir einen gewissen Zufluchtsort von meinen Depressionen und Angstzuständen", sagt ein junger Zuschauer über den Streamer Barry "BarryIsStreaming" Kramer. Weitere User erzählen von ähnlichen Beweggründen.

Spender in finanzieller Not

Dass sich so manche Zuschauer mit ihren Spenden finanziell übernehmen, hat dafür gesorgt, dass größere Streamer diese teilweise nicht mehr zulassen. Jeremy "Disguised Toast" Wang kann man etwa kein Geld mehr schicken. Bei ihm hatte sich 2018 ein junger Mann gemeldet, der nach seiner Spende von 200 Dollar in Geldnot geraten war und das Geld zurückverlangt hatte. Wang retournierte daraufhin die Spende und deaktivierte die Option, dass man ihm finanziell unter die Arme greifen kann.

"Du bist ein Loser"

Einen ganz anderen Zugang hatte zuletzt Tyler "Tyler1" Steinkamp, der zu den bekanntesten League of Legends-Streamern zählt. Die Namen von Spendern werden bei dem Stream des jungen US-Amerikaners nicht eingeblendet. Gespendet wird an "Tyler1" trotzdem. Ab und zu greift der Streamer dann doch eine Spende auf, bedankt sich dafür und macht sich in weiterer Folge über den Spender lustig. "Du bist ein Loser. Du spendest Geld an jemanden, der mehr verdient als deine Eltern zusammen", richtete er einem Gönner aus. Gespendet wird an ihn weiterhin. (red, 7.2.2020)