Lobi-Rinder auf engem Raum im Pferch: Die "besten" Stiere werden geschmückt, die Besitzer erhalten Geld. Und das Tier geht in den Besitz der Gemeinschaft über.

Foto: Sperl

Burkina Faso ist ein trockenes Land, ist aber auf die Landwirtschaft angewiesen. Daher ist ein nachhaltiger Umgang mit Wasser notwendig, um zumindest den substanziellen sozioökonomischen Wohlstand zu sichern. Wasser wird für den Haushalt, für Bewässerung, geringfügig zur Energiegewinnung, aber vor allem für die Viehzucht und die Fischerei verwendet.

Seit beinahe vier Jahren läuft das Projekt LoCaBreed (Local cattle breeds of Burkina Faso – characterization and sustainable utilization): Forscher der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien und aus Burkina Faso bemühen sich gemeinsam mit Viehzüchtern um den Erhalt lokaler Rinder (Lobi-Rinder). In einem Land, in dem 80 Prozent der Menschen zumindest zum Teil von der Viehzucht abhängig sind, ist das ein wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung. Lokale, an die Umwelt optimal angepasste Tiere sind einerseits generell als Genbank wertvoll, doch in diesem speziellen Fall geht es um viel mehr. Unter anderem soll deren Widerstandsfähigkeit gegen die Schlafkrankheit, die durch die Tsetsefliege übertragen wird, erforscht werden. Das heißt: Die DNA der Tiere wird analysiert, um jene Abschnitte identifizieren zu können, die eine gewisse Resistenz gegen die Schlafkrankheit versprechen.

Erhalt der eigenen Kultur

Im Fall der Lobi-Rinder geht es außerdem um den Erhalt einer eigenen Kultur. Bei den gleichnamigen Haltern, den Lobi, werden die Rinder auch aus Prestigegründen gezüchtet – um bei Hochzeiten und Begräbnissen einen Stier zu schlachten. Da die Tiere aber zu schwach für die Arbeit in der Landwirtschaft und fürs Pflügen ungeeignet sind, werden oft die ursprünglich aus Indien stammenden Zebu-Rinder aus der Sahelzone im Norden eingekreuzt. Man erkennt die Zebus leicht am Fettbuckel im Nacken, außerdem sind sie signifikant größer als die lokale Art und werden von den Fulani, einer Migrantenethnie, gezüchtet.

Im Pferch werden also die Lobi-Rinder von den Zebus und deren Kreuzungen getrennt. Die Ohrmarken zeigen, dass der jeweilige Lobi-Stier schon registriert worden ist. Er wird fixiert, noch einmal vermessen, um den Zuwachs festzustellen. Dann reißt die Veterinärmedizinerin Pamela Burger dem Stier ein paar Schwanzhaare aus. Diese haben nämlich besonders dicke Haarwurzeln und eignen sich gut zur DNA-Bestimmung.

Auf die enge Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftern und der Landbevölkerung wird besonderes Augenmerk gelegt. Daher werden die Stiere nach den Kriterien selektiert, die die Bauern selbst für wichtig halten. Dazu gehören äußere Merkmale: Kurze, waagrecht wegstehende Hörner verheißen gutes Wachstum ebenso wie eine ausgeprägte Wamme, der Körperumfang. Speziell die Frauen in dem Auswahlkomitee betonten, dass die Stiere einen sanften, sozialen Charakter haben müssen. Am Ende der aufreibenden Tage im Busch steht eine Siegerprämierung an. Die "besten" Stiere werden geschmückt. Die Besitzer erhalten Geld, und die Tiere gehen in den Besitz der Gemeinschaft über, damit sie zur Zucht eingesetzt werden können.

Proteinhaltige Nahrung

Neben der Viehhaltung ist die Fischerei eine zweite wichtige Quelle für proteinhaltige Nahrung, vor allem in der Trockenzeit. Wenn kaum mehr etwas gedeiht, können getrocknete und geräucherte Fische in Soßen mit Reis oder Hirse gegessen werden. In Burkina Faso wurden seit den 70er-Jahren etwa 1600 Wasserreservoirs angelegt, um Dürren besser überstehen zu können. Diese Reservoire sehen aus wie kleinere Teiche und große Seen, in denen auch gefischt wird. Derzeit sind 79 Arten, wovon einige vom Aussterben bedroht sind, im ebenfalls von der Boku koordinierten Projekt Susfish (Sustainable Management of Water and Fish) erfasst. Dabei will man Erkenntnisse rund um Fische, Wasserqualität und anthropogene Belastung von Gewässern für Politik, Forschung und Entwicklung gewinnen.

Fischfang ist Männersache, die Weiterverarbeitung Angelegenheit der Frauen, die daraus auch ein eigenes Einkommen lukrieren. Da diese Reservoire in der Verantwortung der Gemeinden stehen, sind sie in unterschiedlich gutem Zustand.

Manchmal durchbrechen Krokodile oder Flusspferde die Dämme, oft ist nicht klar, wie viel Dünger und Pestizide aus der umliegenden Landwirtschaft in den Teich gelangen, weshalb künftig in den Fischmärkten Stichproben gemacht werden.

Wegen Terrorgefahr nicht erreichbar

Etliche der im Norden gelegenen Wasserreservoire sind allerdings wegen der Terrorgefahr nicht mehr erreichbar. Ein großes Ärgernis für die ansässige Bevölkerung sind auch die Schwarzfischer aus dem benachbarten Mali. Die Malier sind besser ausgerüstet und scheren sich nicht um Schonzeiten – so wurden manche Reservoire bereits fast leergefischt.

Von den beiden Universitäten in Burkina Faso werden Studierende in das Projekt eingebunden, drei von ihnen haben über ein Stipendium das Doktoratsstudium an der Boku abgeschlossen, ein Student arbeitet noch an einer Potenzialanalyse zum traditionellen Fischfang und der zukünftigen Bedeutung der Fischzucht für das Land. Auf diese Weise wird Susfish über den Gewässerschutz und eine nachhaltige Fischereiwirtschaft hinaus einen großen Beitrag zur Ernährungssicherheit in Burkina Faso beitragen.

Beide Projekte werden von Appear, einem Programm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA), finanziert. Um auch in Zukunft nachhaltige wissenschaftliche Kooperationen zu stärken, wurde kürzlich vom Wissenschaftsministerium das Africa-Uninet initiiert. So soll eine Basis für die Zusammenarbeit zwischen österreichischen und afrikanischen Unis und Forschungseinrichtungen geschaffen werden. Koordinationsarbeiten werden in einem Büro des Österreichischen Austauschdienstes (OeAD) übernommen. (Ingeborg Sperl, 20.2.2020)