Eine Art Medienerlass unter Neo-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sorgt für Gerede beim Bundesheer: Das entsprechende Schreiben ihres Pressesprechers Herbert Kullnig, datiert mit 4. Februar, das dem STANDARD vorliegt, wendet sich an alle mit Öffentlichkeitsarbeit betrauten Militärs, gemäß dem angeführten Mailverteiler also an mehr als hundert Adressen – und enthält interessante Einblicke, welche Prinzipien im Verteidigungsministerium im Umgang mit der Presse herrschen sollen.

Die Empfehlungen von Ministerin Tanners Mann für Medien geben Einblicke, welche Prinzipien herrschen sollen, denn: "Medien oder dem Bundesheer nicht freundlich gesinnte Organisationen" würden unbedachte Äußerungen "meist ausnutzen".
Foto: APA / Herbert Pfarrhofer

"Wir müssen aufpassen, was wir über die Medien kommunizieren", heißt es da etwa, denn: "Manchmal stellen Journalisten Fragen, deren Beantwortung nicht in den eigenen Zuständigkeitsbereich fällt." Und weiter: "Medien oder dem Bundesheer nicht freundlich gesinnte Organisationen nutzen das dann meist aus. Es kann auch passieren, dass Angehörige des Bundesheeres gegenseitig ausgespielt werden."

Nur ausgewählte Reporter

Ursprünglich gab Kullnig, jetzt auch Leiter des "Zentrums für Information und Wehrpolitik", derlei Instruktionen schon bei der Kommandantentagung am 31. Jänner aus: In einer Rede vor den Leitern der neun Militärkommanden sowie aller Brigaden mahnte er bei den rund fünfzig anwesenden Uniformierten etwa auch diese Vorgangsweise ein: "Wir müssen bei der Auswahl der Reporter sehr sorgsam sein und Sie, meine Herren, besser vorbereiten. Stichwort Medientraining etc."

Mit Dienstag, dem 4. Februar, ging dann das Transkript von Kullnigs Rede offenbar an alle PR-Betrauten beim Bundesheer.

Anders als unter Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), in dessen Amtszeit die Landespolizeidirektionen unter anderem dazu angehalten wurden, missliebigen Zeitungen wie dem STANDARD, dem "Kurier" oder "Falter" nur die nötigsten Infos zu erteilen, werden in dem aktuellem Schreiben zwar keine Zeitungen auf die rote Liste gesetzt. Doch unter dem Betreff "Kommandotagung – Rede Mag. Kullnig" führt Tanners Mann für Medien sehr wohl ein unrühmliches Beispiel der jüngsten Vergangenheit, konkret vom 23. Jänner, an.

Bei einem Besuch der Ministerin bei der Einsatzzentrale in St. Johann im Pongau im Zuge der grenzüberschreitenden Luftraumüberwachungsoperation "Daedalus 2020" zum Schutz des Davoser Weltwirtschaftsforums, an dem auch Journalisten teilnahmen, sei es speziell bei der Berichterstattung des ORF zu "Widersprüchen zwischen den Aussagen der FBM (Kürzel für Frau Bundesminister, Anm.) und den Aussagen eines Offiziers" gekommen.

Geschlossenheit gefordert

Denn "nach Analyse des Mitschnitts" waren laut Kullnig "die Aussagen" des Soldaten "durchaus okay". Aber, so sein Befund: "Sie wurden aber sozusagen durch den Redakteur 'manipuliert' verkürzt wiedergegeben."

Dabei hat der Oberst dem ORF-Mann in St. Johann nur auf die simple Frage, woran es dem finanzmaroden Bundesheer mangle, eine entsprechende sachkundige Antwort gegeben, während Tanner bei dem Ausflug – anders als ihr Vorgänger, Expertenminister Thomas Starlinger– eben eher bemüht war, die prinzipielle Einsatzfähigkeit des Militärs zu betonen.

Kullnigs Fazit zu der Episode gemäß Redetranskript lautet: Das "schadet unserer Organisation und unseren Zielen". Mehrmals mahnt der Ministersprecher daher zu einem geschlossenen Auftreten in der Öffentlichkeit – unter anderem auch deswegen: "Wenn wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden und wenn junge Menschen sagen: 'Ja, das Bundesheer ist sexy', das ist toll, dann werden sie nach dem Grundwehrdienst bei uns bleiben. Dann werden sie sich verpflichten."

Abschließend gibt Kullnig noch den künftigen Kurs des Verteidigungsressorts, das bisher stets das geringe Budget unter der Finanzministerpartei ÖVP beklagte, in der Öffentlichkeit vor: "Ich möchte noch betonen, dass wir von der Linie wegkommen müssen, alles schlechtzureden. (...) Es wird mit dem Bundesheer wieder bergauf gehen, nur da müssen wir alle an einem Strang ziehen."

Auf Anfrage steht Kullnig jedenfalls zu jedem Wort in seiner Rede wie zu seiner ausgesandten Mail – es gehe dabei um eine "Sensibilisierung" der Mitarbeiter und "sicher nicht um eine Bevormundung" im Umgang mit den Medien, weil es eben – siehe ORF – unerfreuliche Anlässe dafür gegeben habe.

Ob er am von den Parteien heiß umkämpften Küniglberg interveniert habe wegen des missliebigen Beitrags? "Nein, interveniert hab' ich nicht", so Kullnig. Das werde er auch generell nicht tun – "außer, es ist etwas falsch". (Nina Weißensteiner, 7.2.2020)