Bundeskanzler Sebastian Kurz (links) ist auf die WKStA nicht gut zu sprechen. Alma Zadić schon. Am Montag wird darüber diskutiert werden, Innenminister Karl Nehammer (rechts) wird aber nicht dabei sein.

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Am Montag um zehn Uhr wird ein Termin stattfinden, der schon vorab für große Aufregung sorgt: Dann treffen sich Kanzler Sebastian Kurz, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) samt Justiz-Standesvertretern, um über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu diskutieren. Dass man diesem Gespräch im Kanzleramt gelassen entgegensieht, kann man nicht behaupten.

Schon die Bezeichnung sorgt für Aufregung: Ein runder Tisch durfte es ja nicht sein, weil das wie eine Vorladung des Bundeskanzlers ausgeschaut hätte – was die Richter und Staatsanwälte partout nicht wollten. Laut Justizministerin Zadić wird es eine "Aussprache" werden, sie versucht zu vermitteln und gleichzeitig auch selbst das Gesicht zu wahren. Dass der Kanzler an ihr vorbei das Justizpersonal zu einem Termin bestellt, das geht natürlich gar nicht. Hatte der Kanzler auch nicht vor, behauptet sein Team. Dass Zadić am Montag mit am Tisch sitzen wird, sei auf die Initiative von Kurz zurückzuführen, diesem sei nämlich sehr wohl bewusst, dass er für die Justiz nicht zuständig sei.

Zadić pocht in Debatte über Justiz auf mehr Mittel.
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Kurz drängte aber darauf, dass neben Zadić und ihm noch ein weiteres Regierungsmitglied am Tisch sitzen wird: Karoline Edtstadler, einst selbst Richterin, und zwar eine recht strenge, wie gemunkelt wird, dann Mitarbeiterin im Justizministerium und schließlich Oberstaatsanwältin bei der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft, die jetzt im Fokus der Berichterstattung steht. Edtstadler ist als Kanzleramtsministerin auch für Verfassungsfragen zuständig, deshalb will sie Kurz bei dem Termin dabeihaben.

Schon die korrekte Bezeichnung sorgt für Diskussionen

Ob Aussprache oder Vorladung, die Entstehungsgeschichte war jedenfalls schon schwierig: Nachdem bekanntgeworden war, dass Kurz sein Unglück mit der Justiz, insbesondere der WKStA, in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten thematisiert hatte, wollten die Staatsanwälte eine Aussprache. Und ließen Kurz dann anlaufen, als dieser den runden Tisch ankündigte. Ihre Ansprechpartnerin sei die Justizministerin, erklärten die Vertreter der Staatsanwaltschaft. Am Montag werden sie dennoch mit der Vertretung der Richter und Mitgliedern der Bundesregierung an einem Tisch Platz nehmen, ob der nun rund oder eckig ist. Sebastian Kurz will dort seine Sicht der Dinge darlegen, er will explizit auch "Defizite" ansprechen und über "Verbesserungspotenziale" reden, die er sieht.

Was Kurz besonders ärgert, ist der Umstand, dass immer wieder vertrauliche Aktenteile an die Öffentlichkeit gespielt werden, er verdächtigt auch die Staatsanwaltschaft. Dass besonders oft Personen, die der ÖVP oder der FPÖ nahestehen, davon betroffen seien, sei laut Kurz kein Zufall. Auch die lange Verfahrensdauer sieht er als Problem, das sei für alle Beschuldigten ein Problem. Kurz hat wenig Verständnis dafür, dass Hartwig Löger, den er als Finanzminister in die Regierung geholt hatte, als Beschuldigter geführt werde und ihm indirekt Korruption unterstellt werde.

Kanzleramtsministerin Edtstadler kann sich vorstellen, Verfahren gegen Mitbeschuldigte schneller einzustellen, wie sie im Vorfeld des Gesprächstermins sagte. Die Betroffenen seien oft massiv im beruflichen Fortkommen beeinträchtigt. Das könnte auch für Löger gelten, der derzeit noch auf Jobsuche ist. Laut Edtstadler soll es bei der Aussprache mit den Standesvertretern nicht nur um eine bessere Ausstattung der Justiz gehen, eine Frage müsse etwa lauten: "Wie kann man das Ansehen der Staatsanwaltschaften wieder heben?"

Zadić drängt auf mehr Ressourcen

Die Standesvertreter der Staatsanwälte und Richter weisen nicht nur vehement eine parteipolitische Intention ihrer Arbeit zurück, sie wollen den Termin sehr wohl auch nützen, um auf eine bessere personelle und budgetäre Ausstattung der Justiz zu drängen.

Es sei ihre Pflicht und Aufgabe, bestmögliche Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Rechtsstaat einzufordern und nach Kräften selbst zu schaffen. "Pauschale Angriffe auf diese Grundsätze der Gerichtsbarkeit weisen wir ebenso auf das Schärfste zurück wie die Unterstellung einseitiger oder parteipolitisch motivierter Ermittlungen", heißt es in einem offenen Brief, der noch vor dem Gesprächstermin ventiliert wurde.

Justizministerin Zadić will die laufende Debatte auch dazu nützen, auf eine bessere Ausstattung der Justiz zu drängen, wie sie am Freitag erklärte. Ohne ausreichende Mittel seien rasche und qualitätsvolle Verfahren nicht möglich. So brauchte man Forensikerteams für die aufwendige Datenauswertung – und für "bestimmte Verfahren" auch mehr Staatsanwälte. Die WKStA verwahrte sich "gegen unsubstanziierte öffentliche Spekulationen, die den Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und den Anschein parteipolitischen Handelns in den Raum stellen".

In der Stellungnahme wurde zudem betont, dass die Leiterin der WKStA, Ilse Vrabl-Sanda, kein Mitglied einer Partei sei und kein Naheverhältnis zu einer solchen habe. Kurz hatte die Vermutung in den Raum gestellt, dass Staatsanwälte, auch in leitender Position, Mitglied im Bund Sozialdemokratischer Akademiker seien. In einem Revisionsbericht der Oberstaatsanwaltschaft wird der WKStA ein gutes Zeugnis ausgestellt, der Gesamteindruck war "ausgezeichnet, teilweise sehr gut". In dem Bericht, der den Stichtag 1. Oktober 2017 hat, finden sich auch Zahlen zur Verfahrensdauer.

Demnach waren am 1. Oktober 2017 von 272 Verfahren 188 (also 69 Prozent) länger als ein Jahr anhängig, 105 davon schon länger als zwei Jahre und 74 bereits länger als drei Jahre anhängig – wobei die Zahl der Verfahren im Berichtszeitraum um rund ein Viertel anstieg. Die SPÖ versuchte am Freitag, auch den Verfassungsgerichtshof ins Spiel zu bringen. Der war bei dem Hintergrundgespräch vor zwei Wochen tatsächlich auch Thema. Kurz nannte ihn als Beispiel für parteipolitische Besetzungen. Diese werden am VfGH von der Politik ja ganz offen vorgenommen. Die Richter sind strikt rot oder schwarz, seit kurzem gibt es auch zwei blaue, in Zukunft wahrscheinlich einen, der den Grünen zuzurechnen ist. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warnte den Kanzler am Freitag: "Hände weg von der Justiz, Herr Kurz!" (Michael Völker, 7.2.2020)