Foto: Rubble Master

Groß, laut, schwer bedienbar, umweltschädlich. "Das geht besser", dachte sich der gebürtige Linzer Gerald Hanisch 1991 mit Blick auf industrielle Brechanlagen. Also entwickelte er ein Konzept für eine mobile und einfach zu handhabende Recycling-Maschine für Baustoffrestmassen. Das Unternehmen Rubble Master (RM) ward geboren – und mit ihm ein neuer Markt. Heute werden Hanischs RM-Brecher auf Baustellen und in Natursteinbrüchen rund um die Welt eingesetzt. Das Unternehmen ist laut eigenen Angaben Marktführer im Segment der Kompaktbrecher und fertigte letztes Jahr 367 der weltweit etwa 6.000 bis 8.000 produzierten Maschinen. Diese verarbeiten Baustoffabfälle, etwa Reste aus Ziegelproduktion und aus dem Asphalt- oder Betonabbruch. Das daraus gewonnene Wertkorn wird als Straßenunterbau oder Zierkies wiederverwendet.

Mit Maximus zum Großunternehmen

Der internationale Durchbruch gelang Rubble Master Anfang der 2000er. Seitdem hat das in Linz angesiedelte Unternehmen einige Erfolge einfahren können: 2012 wurde man mit dem Best Business Award ausgezeichnet, 2016 von der Wirtschaftskammer als bester österreichischer Lehrbetrieb. Vor zwei Jahren fusionierte die Firma mit dem nordirischen Siebhersteller Maximus – der Umsatz verdoppelte sich danach beinahe. Mit seinen 360 Mitarbeitern und Vertriebspartnern in 110 Ländern und einem Jahresumsatz von 182 Millionen Euro ist die RM Group dem KMU-Status 2019 fast schon entwachsen.

Dicke Brummer braucht es, um den Beton zu brechen.
Foto: Rubble Master

Brexit? Hanisch: "Kaffeesudleserei"

Der Brexit beschäftige Rubble Master momentan noch nicht, so Unternehmensgründer Hanisch. Denn: "Wir müssen erst einmal herausfinden, was Brexit überhaupt ist." Betroffen wäre der Maximus-Standort in Nordirland. Dort arbeiten zahlreiche "Foreign Workers" – Angestellte, die vor allem aus Osteuropa ins Vereinigte Königreich migriert sind. "Die sind immens wichtig", sagt Hanisch. Er hofft, dass sich bei den Verhandlungen zu den zukünftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien "die wirtschaftliche Rationalität" durchsetzt.

Ganz ohne Schaden hat Rubble Master die politischen Turbulenzen im letzten Geschäftsjahr aber auch nicht überstanden. Der Handelsstreit, Brexit und schwankende Zuliefererpreise führten zu einer Umsatz-Achterbahnfahrt. Im August lagen die Werte noch 30 Prozent über den Vorjahresergebnissen, im Herbst folgte dann der Einbruch. Am Ende blieb ein Umsatzplus von 15 Prozent.

CO2 am Bau

Vor 30 Jahren war Recycling in der Baubranche noch kaum Thema. In Zeiten des Klimawandels ist klar: Ihren Ressourcenhunger wird die Erde nicht ewig stillen können. Heute zählt der Sektor weiterhin zu den größten Klimasündern weltweit. Er sorgt aktuellen Schätzungen zu Folge für etwa ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen. Die Produktion von Asphalt und Zement gilt als besonders energieintensiv.

Die Menge von Bau- und Abbruchabfällen stieg im Zeitraum 2011 bis 2017 um 70 Prozent.
Foto: Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

Am Bau entsteht zudem eine Menge Abfall: Bau- und Abbruchabfälle hatten mit 11,69 Tonnen einen Anteil von 18,2 Prozent am österreichischen Abfallaufkommen. Noch schwerer zu Buche schlagen die Aushubmaterialen, die bei Neubauten anfallen: Diese sorgen für mehr als die Hälfte der österreichweiten Abfälle. Zum Vergleich: Der Anteil von Haushaltsmüll liegt bei 6,7 Prozent.

Recycling-Thema gewinnt an Fahrt

Angesichts dieser Zahlen hat die EU 2015 das sogenannte Kreislaufwirtschaftspaket beschlossen. Das damalige Ziel: Zukünftig soll der größte Teil der Abfälle in der EU wiederverwertet werden. Der Beschluss betrifft auch den österreichischen Bausektor. Dort herrscht ein Recycling-Gebot. Österreich gilt als einer der Vorreiter in der EU – 85 Prozent der Bauabfälle werden wiederverwertet. In anderen Bereichen hinkt man hinterher: Wir recyclen zu wenig Kunststoff. Um die Zielvorgaben bis 2025 zu erreichen, müsste die Wiederverwertungsrate von Kunststoff verdoppelt werden.

Auch aktuell findet sich Recycling in der politischen Agenda wieder. Erst am Donnerstag versuchte die Regierung zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Sie gab 50 Millionen Euro frei, mit denen nicht nur innovative Projekte in der Kreislaufwirtschaft unterstützt werden sollen, sondern auch Unternehmen bei der Einstellung älterer Arbeitnehmer.

Von der Förderung profitiert RM zwar nicht direkt, wohl aber vom Recycling-Gebot: Der stetig steigende Berg an Bauabfällen ist der Rohstoff ihrer Maschinen. Mit seinen Brechern ist das Unternehmen Bestandteil der Kreislaufwirtschaft im Bausektor.

Großprojekte wie der Brennerbasistunnel sorgten zwischen 2011 und 2017 für einen 55-prozentigen Anstieg der Aushubmaterialien.
Foto: FLORIAN LECHNER

Recycling oder Downcycling?

Der Beitrag solcher Maschinen zum Klimaschutz ist umstritten. Tristan Thaller von der Schwaiger-Group – einem Münchner Immobilien-Projektentwickler – bezeichnet die Prozesse in der Baubranche als Downcycling. "Die zurückgewonnen Stoffe werden vor allem als Füllmaterial verwendet. Dadurch wird der Bedarf an neuen Rohstoffen im Hochbau aber nicht gestillt", kritisiert er. In der deutschen Branche herrsche "der Irrglaube, dass Primärstoffe höherwertiger sind", so Thaller weiter: "Mit den Investoren sind Projekte, bei denen der Beton sozusagen frisch aus dem Steinbruch kommt, schneller und einfacher umzusetzen." Der Anteil an recycletem Beton (R-Beton) sei am deutschen Markt verschwindend gering.

Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen machen den Einsatz von wiederverwertetem Material nicht gerade attraktiv. Es gibt strenge staatliche Regularien hinsichtlich Qualität und Reinheit der Sekundärstoffe. "Wir mussten uns bei der Novelle der Recycling-Baustoffverordnung 2016 ganz schön wehren", bestätigt Geschäftsführer Hanisch.

Zukunftsmodell Kreislaufwirtschaft

Die Wiederverwertung von Baustoffen hat in der Zukunft dennoch großes Potenzial. Trotzdem muss sich noch viel tun. "Was den Ressourcenverbrauch angeht, entwickelt sich das Bewusstsein für Klimaschutz in der Baubranche gerade erst", so Thaller. Helmut Haberl, Forscher am Institut für soziale Ökologie an der Universität für Bodenkultur (Boku), warnt auch vor zur großen Erwartungen: "100 Prozent Kreislaufwirtschaft" sei "nicht erreichbar", da die Materialqualität mit jedem Recyclingdurchgang sinke.

In einer Sache sind sich sowohl Thaller als auch Haberl einig: Am besten für das Klima wäre, wir würden weniger bauen. (Tobias Kachelmeier, 7.2.2020)