(Bundeskanzleramt. Der Bundeskanzler Sturz über Papiere gebeugt. Die Tür geht auf, und der frühere Vizekanzler Krache tritt ein. Sturz erschrickt.)

Das Bundeskanzleramt in Wien.
Foto: STANDARD / Robert Newald

STURZ: Krache, du? Zeig deine Hände!
Wo hältst das Messer du versteckt?

KRACHE: Nein, Sturz! Meine Hände
sind zur Versöhnung ausgestreckt!
Ich dachte einst, du seist’s gewesen,
der schnöd Verrat an mir geübt,
ergab mich fast darum der bösen Tat.
Ich hatte dich geliebt.
O welch ein Wahn! O wie ich irrte!
Auf meiner Seite warst du ja,
als man mich ins Verderben führte
in jener Nacht auf Ibiza!
Schurken war’n’s! Gezücht von Nattern!
Gott strafe das Verräterpack!
Die Krätze ihnen und die Blattern!
Der Teufel hol’ sie zack zack zack!
Doch halt! Lass uns nicht an sie denken!
Hofer, Kickl, einerlei!
An dich nur will ich mich verschenken
mit einer besseren Partei.
Komm, lass uns wieder koalieren!
Das Volk, das gute, will es so!
Du sollst der Herr sein, sollst es führen mit mir im Hintergrund als Co.

(Fällt auf die Knie, küsst Sturzens Füße.)

STURZ: Krache, bitte lass das sein!
Bestell Philippa meine Grüße
und geh. Die Antwort ist ein Nein.

KRACHE (lässt sich nicht beirren
und legt nun seinen Arm um ihn,
dann, so als würd’ er onanieren,
mit einem Keuchen:)
Oh wie kühn
wärst du! Ein Erdoğan, ein Orbán!
Es kniet’ vor dir das ganze Land!
Trügst stolz die Krone, stolz den Torban,
hielt’st fest das Zepter in der Hand!
Würd’st alle Widerstände brechen!
Würd’st mächtiger als Caesar sein!
(À part:)
Dann werd’ ich dich erstechen
als Brutus! (Lacht.) Ei, das wird fein!

(Lacht irr. Von rechts erscheinen Wächter.)

STURZ: Schafft ihn fort! Der Mann ist krank.

(Sie tun’s. Man hört noch lang Gelächter,
und wie von Schwefel ein Gestank
hängt in der Luft, wird langsam schwächer.
Sturz seufzt, denn etwas treibt ihn um.)

STURZ: Krache! Idiot von Rächer!
Und doch: Er ist nicht wirklich dumm.
Kaiser ... Ja ... Verlockender Gedanke ...
Öst’reichs Kaiser! Klingt nicht schlecht!
Ich sagte nein, jedoch ich schwanke.
Vielleicht hat er am Ende recht.

(Man sieht den Kanzler still sinnieren, während sich schon der Vorhang senkt. Wie wird er fürderhin regieren? Ach, wüssten wir, was er jetzt denkt!)
(Antonio Fian, 9.2.2020)