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Wer das Gefühl hat, am Ende der Nahrungskette zu stehen, ist besonders unzufrieden in der Arbeit und sieht die Zukunft individuell und für das Land eher düster. Laut aktueller Erhebung der Arbeiterkammer Oberösterreich sind das rund 400.000 Erwerbstätige – überwiegend Arbeiter in Fabriken, auf dem Bau, im Lager sowie besonders häufig Menschen, die in Handel und Gastronomie dienstleisten. Wer nur die Pflichtschule absolviert hat, befristet oder via Zeitarbeitsfirma beschäftigt ist, fühlt sich besonders schlecht in seinem Job und kann sich kaum oder nicht vorstellen, bis zum Pensionsantrittsalter zu hackeln. Das hat sich in den vergangenen Jahren nicht verändert, allerdings alarmierend verstärkt.

Dass diese Ergebnisse gesellschaftspolitisch brisant sind, zeigt ein Blick in die Tiefe: Zwar klagt ein gutes Viertel der sehr Unzufriedenen, dass das Einkommen (für Reinigungskräfte etwa gilt ein Mindestlohn von knapp 1600 Euro brutto in Vollzeitbeschäftigung) nicht wirklich reicht. Aber was vornehmlich als unerträglich empfunden wird, sind soziale Isolation und niedrigster Sozialstatus. Vereinfacht gesagt, das Lebensgefühl, sowieso austauschbar zu sein und den untersten Platz in der Gesellschaft (und in den Unternehmen) einzunehmen.

Die Rolltreppe abwärts

Die sogenannten Geringqualifizierten wissen, dass sie erst gar nicht versuchen müssen, gegen die schnell nach unten laufende Rolltreppe anzurennen: Die Automatisierung schreitet voran, und investiert wird in die Brauchbareren, in die "High Potentials". Dazu kommt die permanente Effizienzpeitsche.

Dieses Gemisch mag erklären, warum sich etwa 70 Prozent der sehr Unzufriedenen nicht vorstellen können, bis zur Pension zu arbeiten. Aber wieso glauben im Durchschnitt aller Beschäftigten ganze 45 Prozent, sie halten nicht bis zur Rente durch? Ab rund 35 Jahren setzt dieser große Frust ein, belegt die Erhebung der Arbeiterkammer.

Runder Tisch zur Jobzukunft

Es geht also längst nicht mehr nur um die "Abgehängten". Bruchlinien ziehen sich durch. Warten, bis Geringqualifizierte im Zuge der Digitalisierung ersetzt werden, ist wohl keine gute Idee. Es wird auch nicht reichen, Hunderttausende, die sich ihre Jobzukunft mittelfristig nicht vorstellen können, als "leistungsschwach" abzustempeln. Türkis-Grün hat gute Gründe, am runden Tisch schnell strukturelle Lösungsideen zu sammeln. Eine hat aktuell die deutsche SPD geliefert: ein gesetzlich garantierter längerer Fortbildungs- und Umschulungsurlaub. (Karin Bauer, 10.2.2020)