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"Kopf mit Hörnern", nur leider doch nicht von Paul Gauguin.

Foto: The J. Paul Getty Museum, Los Angeles

Der Wunsch nach außergewöhnlichen Werken namhafter Künstler ist aus Sicht von Museen verständlich: Sie erhöhen das Ansehen in der Fachwelt, garantieren internationalen Leihverkehr und locken Besucher. Die Gier nach solchen Trophäen birgt aber auch das Risiko veritabler Fehlkäufe, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

Betroffen davon ist das Getty Museum in Los Angeles, das 2002 eine Skulptur von Paul Gauguin erwarb, die sich jetzt als Arbeit eines unbekannten Künstlers entpuppte, wie das Fachmagazin The Art Newspaper Ende Jänner öffentlich machte. Es geht um einen Gehörnten aus Holz, der erstmals als Leihgabe aus amerikanischem Privatbesitz bei einer Schau in der Fondation Maeght unweit von Nizza zu sehen war. Fünf Jahre später gab er im Metropolitan Museum of Art in New York ein Gastspiel. Nur wenige Tage nach Eröffnung dieser Gauguin-Ausstellung verlautbarte das Getty Museum im Juni 2002 den Ankauf.

Gruß aus der Südsee

Von einem "symbolischen Selbstporträt" als Bestie war die Rede, das beispielhaft für die stilistischen Einflüsse von Gauguins Tahiti-Aufenthalten stehe. Die Holzskulptur war über Fotoaufnahmen bekannt, die Gauguin Ende der 1890er-Jahre in sein "Noa Noa"-Notizbuch geklebt hatte. Angaben zur Herkunft notierte er dort nicht, jedoch verarbeitete er sie als Motiv in einigen Grafiken.

Für das Getty Museum war damit erwiesen, es handelt sich um ein von Gauguin geschaffenes Werk; zu datieren 1895–97, als sich der Künstler in Polynesien aufhielt. Dass die Skulptur keinerlei stilistische oder technische Verwandtschaft zu den bislang bekannten aufwies, wurde ignoriert oder als ein "außergewöhnliches Beispiel" interpretiert.

Bereits kurz nach der Akquisition hatten sich erste Zweifler zu Wort gemeldet, die rückblickend recht behielten. Den Beleg lieferte jetzt das historische Album eines gewissen Jules Agostini, Amateurfotograf und in den französischen Kolonien tätiger Verwaltungsbeamter.

Er hatte diese Skulptur bereits 1894 fotografiert, als Gauguin noch in Frankreich lebte. Sie dürfte einem Sammler ethnografischer Objekte gehört haben, den Agostini ebenfalls fotografiert hatte. Wer die Skulptur geschaffen hat, für die das Getty Museum der Wildenstein Gallery den Gauguin-Preis von kolportierten drei Millionen Dollar bezahlt haben soll, blieb vorerst ungeklärt. (Olga Kronsteiner, 10.2.2020)