Kramp-Karrenbauer am Freitag in Berlin. Ihre eigene Partei folgt ihr nicht. Aus dem Debakel für ein Bundesland wurde so die Katastrophe einer Parteichefin.

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Das Spannende an Politik ist, dass sich die Verhältnisse im Handumdrehen ändern können. Monatelang war zu beobachten, wie die deutschen Sozialdemokraten miteinander rangen, während die CDU noch halbwegs als Hort der Stabilität galt.

Nun, nach dem Debakel von Thüringen, nach der ersten Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen von FDP, CDU und AfD, ist die Lage eine andere: Die SPD trägt einig und geschlossen ihre Abneigung gegenüber der AfD zur Schau, in der CDU hingegen rumort es gewaltig.

Und nicht nur das: Als Macherin zeigte sich Angela Merkel. Sie war es, die klare Worte ("unverzeihlich") fand und sich als Kanzlerin, auch durch die Entlassung des Ostbeauftragten Christian Hirte, aktiv einmischte, um das Desaster irgendwie einzudämmen.

Schlechte Figur hingegen macht CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Zunächst, bei ihrer Wahl zur CDU-Chefin im Dezember 2018, schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis sie Merkel auch im Kanzleramt nachfolgt. Doch der Stern Kramp-Karrenbauers begann schnell zu sinken, immer wieder wurden Zweifel laut, ob sie einer noch höheren Aufgabe eigentlich gewachsen sei.

Zuletzt schien sie wieder fester im Sattel zu sitzen, doch Thüringen ist für sie eine persönliche Katastrophe. Offensichtlich wurde, dass AKK keinen Draht zum nicht einfachen Thüringer CDU-Landesverband hat. Schon nach der Landtagswahl Ende Oktober gab es Differenzen darüber, wie mit der Linken umzugehen sei.

Dann tanzten die Thüringer gemeinsam mit der AfD gewaltig aus der Reihe, und bei der Aufarbeitung des Dramas wurde Kramp-Karrenbauers Wunsch nach Neuwahlen in Erfurt schlicht ignoriert. Jetzt fragen sich natürlich viele, wie jemand denn ein ganzes Land mit 83 Millionen Einwohnern erfolgreich regieren soll, der zur Krisenbewältigung in der eigenen Partei so wenig beiträgt.

Gerade hat Friedrich Merz angekündigt, er werde seinen Job beim US-Vermögensverwalter Blackrock aufgeben und sich wieder stärker in der CDU engagieren. Er gilt vielen immer noch als Hoffnungsträger, während Kramp-Karrenbauer aus dem Thüringer Debakel, das noch nicht einmal zu Ende ist, schwer beschädigt aussteigt. Das könnte für ihre weiteren Ambitionen in Richtung Kanzleramt fatal sein. Vielleicht wird Thüringen eines Tages als die letzte Weiche auf dem Weg ihres Scheiterns beurteilt werden. (Birgit Baumann, 10.2.2020)