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In einer vom Marktforschungsinstitut Ifes durchgeführten Umfrage unter 1.000 Personen ergab sich eine klare Mehrheit für eine Millionärssteuer in Österreich. Demnach sind 64 Prozent der Österreicher für eine solche Vermögenssteuer – 24 Prozent sind dagegen, zwölf Prozent gaben keine Antwort. Die Studie wurde von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) in Auftrag gegeben. Die fordert angesichts der Ergebnisse mehr "Steuergerechtigkeit".

Steuersystem wird als ungerecht empfunden

Damit spricht die GPA der Mehrheit der Österreicher aus der Seele – zumindest nach den Ifes-Ergebnissen. Demnach bereitet die weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich etwa drei Vierteln der Bevölkerung "große" oder "gewisse" Sorgen. Das Steuersystem wird mehrheitlich als ungerecht empfunden. Jeweils knapp 80 Prozent gaben an, dass Millionäre und multinationale Konzerne in Relation zu ihrem Einkommen zu wenig Steuern zahlen würden.

Die Schere zwischen Arm und Reich bereitet den Österreichern Sorgen.
Foto: Gewerkschaft der Privatangestellten/Ifes

Ein "Austrian Dream"-Narrativ hätte es in Österreich zudem schwer, denn: Nur etwa ein Fünftel der Befragten glaubt daran, dass man mit harter Arbeit ein Vermögen aufbauen kann. Erben ist nach Ansicht von drei Vierteln der Befragten eher dazu geeignet, an Vermögen zu kommen.

GPA fordert Millionärssteuer

Angesichts der Ergebnisse forderte die GPA am Montag eine progressive Millionärssteuer. Haushaltsvermögen ab einer Million Euro sollen demnach mit einem Satz von 0,5 Prozent besteuert werden, ab zwei Millionen mit einem Prozent und ab drei Millionen mit 1,5 Prozent.

Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz: Soll der Staat seine Milliarden besteuern?
Foto: APA/Jan Woitas

"Eine lebendige und soziale Demokratie braucht eine Politik, die die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung im Auge hat, und dazu gehören jedenfalls gerechte Steuern", so die Vorsitzende der GPA, Barbara Teiber. Die von der Gewerkschaft vorgeschlagene Millionärssteuer soll dem Staat fünf Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen bescheren, die nach Teiber für Zukunftsinvestitionen im Bereich Klimaschutz, Kinderbetreuung und Pflege verwendet werden sollen.

Agenda Austria warnt vor Ausweicheffekten

Auf Kritik stößt die Idee einer Millionärssteuer bei der wirtschaftsliberalen Agenda Austria: "In Österreich müsste man Politiker sein: Der Staat schwimmt geradezu im Geld, und die Gewerkschaft hat nur ein Thema – neue Steuern einzuführen", so deren Leiter Franz Schellhorn. Er fordert, dass stattdessen die Steuerlast für die arbeitende Bevölkerung gesenkt wird, "damit den Bürgern endlich mehr Geld von ihrer Arbeit bleibt und sie sich selbst Vermögen aufbauen können".

Die Agenda Austria warnt mit Blick auf die Schweiz vor Vermögenssteuern. Sie beruft sich auf eine Studie, nach der die dortige Einführung einer 0,1-Prozent-Steuer zur Abwanderung von Vermögenden geführt hat. Es sei davon auszugehen, dass die Pläne der GPA zu einem Vermögensschwund von 30 Prozent führen würden.

Österreich zählt zu den ungleichsten Ländern in der Eurozone.
Foto: Arbeiterkammer/Österreichische Nationalbank

Widersprüchliche Ergebnisse

Die Agenda Austria zieht auch die Ergebnisse der Ifes-Umfrage in Zweifel. Denn in einer Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) aus dem Jahr 2017 ergab sich lediglich bei den untersten 20 Prozent der Nettovermögen eine Mehrheit für eine Millionärssteuer. Bei den restlichen 80 Prozent lag die Zustimmung unter 50 Prozent. Eine Erbschaftssteuer fand keine Mehrheit. Die Ergebnisse würden denen der GPA also widersprechen.

Schlusslicht bei Vermögensbesteuerung

Österreich zählt zu den ungleichsten Ländern der Eurozone. Das geht aus Erhebungen der OeNB hervor. Demnach besitzen die reichsten zehn Prozent mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens, während sich die ärmere Hälfte der Bevölkerung mit 3,6 Prozent zufriedengeben muss. Gleichzeitig hält sich der Staat bei der Besteuerung von Vermögen vornehm zurück: Hier ist Österreich zusammen mit Estland Schlusslicht der OECD-Staaten. Vermögen werden hierzulande mit 1,3 Prozent besteuert, der OECD-Schnitt beträgt 5,7 Prozent. (Tobias Kachelmeier, 10.2.2020)