Die Treibhausgasemissionen
im Verkehrssektor steigen seit Jahren an. Restriktivere Tempokontrollen sollen die Bilanz aufbessern.
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Es war durchaus Überzeugungsarbeit notwendig, damit sich die Volkspartei von den Tempo-140-Tests verabschiedete. Das war zumindest während der Koalitionsgespräche immer wieder aus Verhandlerkreisen zu hören. Dennoch ist in wenigen Tagen das Herzensprojekt von Ex-Verkehrsminister und -Koalitionspartner Norbert Hofer (FPÖ) Geschichte: Am 1. März werden die Teststrecken in Nieder- und Oberösterreich eingestellt.

Das Fazit: Die Zeitersparnis durch die Tempoerhöhung ist marginal, für die Umwelt bedeuten die zehn zusätzlichen Stundenkilometer aber durchaus eine Mehrbelastung, wie das Umweltbundesamt (UBA) schon vor einiger Zeit berechnete: "Bei den Treibhausgasemissionen ist die Änderung von 100 auf 130 km/h etwa gleich hoch wie von 130 auf 140 km/h", heißt es dort. Laut UBA nehmen Feinstaubemissionen bei Tempo 140 gegenüber 130 durchschnittlich um rund 17 Prozent zu, der Stickoxid-Ausstoß steigt um mehr als 16 Prozent. Hinzu kommen eine höhere Lärmbelästigung und ein längerer Anhalteweg.

"Falsches Signal"

"Tempo 140 war ein falsches Signal", kommentierte die zuständige Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) den nun gesetzten Schritt. Alles gut, könnte man meinen. Doch mit der Abschaffung von Tempo 140 wird Rasern nur bedingt ein Riegel vorgeschoben. Und diese verschlechtern die Bilanz durchaus, wie Experten meinen.

Der 130er auf dem Taferl hält viele Autofahrer nicht davon ab, dennoch stärker aufs Gaspedal zu drücken. Eine Idee der Regierung ist daher, restriktivere Geschwindigkeitskontrollen einzuführen. Noch sind die bisher veröffentlichten Pläne dazu mehr als unkonkret. Im türkis-grünen Regierungsprogramm steht: "Konsequente Kontrolle (Ausstattung Exekutive) der reduzierten Höchstgeschwindigkeiten (IG-L) in besonders belasteten Gebieten" und "Hinwirkung auf die Beendigung des Spielraums im Hinblick auf technisch unnötige Toleranzgrenzen". Gemeint ist damit jener Spielraum, der zwischen der Tempoüberschreitung und dem Blitzen des Radargeräts entsteht – und der variiert je nach Bundesland und Messart stark.

Schweigen über Messtoleranzen

"Es ist natürlich gut, wenn man sich bei Radarmessungen auf die technisch notwendige Messtoleranz beschränkt", sagt UBA-Klimaexpertin Henriette Spyra. "Diese beträgt etwa fünf Prozent." Offizielle Angaben zu den Toleranzhöhen in den Bundesländern gibt es nicht, immer wieder sickert allerdings durch, dass diese weit über den genannten fünf Prozent liegen.

Dabei könnten restriktivere Kontrollen bestehender Limits Österreichs schlechte Klimabilanz im Verkehrssektor durchaus aufbessern: "In Summe ist durch eine verstärkte Tempokontrolle auf Autobahnen und Schnellstraßen von einer CO2-Einsparung von etwa 150.000 Tonnen pro Jahr auszugehen", heißt es auf STANDARD-Anfrage aus dem UBA. Die Hälfte bis zwei Drittel des Effekts sei auf Einsparungen bei Lkws zurückzuführen. Die 150.000 Tonnen entsprechen in etwa den Emissionen der Stromproduktion für eine Stadt wie Graz.

Tempolimits senken

Die für die Umwelt weitaus bessere Maßnahme wäre natürlich, die bestehenden Tempolimits auf Österreichs Straßen insgesamt zu überdenken. Immerhin könnten durch eine Geschwindigkeitsobergrenze von 100 km/h auf den Autobahnen gegenüber Tempo 130 pro Jahr 400.000 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden, wie das Umweltbundesamt errechnete.

Dass sich die heimische Politik auf diese Diskussion einlassen wird, ist eher unwahrscheinlich. Eine aktuelle ÖAMTC-Umfrage zeigt, dass bereits die Abschaffung von Tempo 140 unter Autofahrern für wenig Freude sorgte. 55 Prozent der befragten Mitglieder gaben an, dass sie das höhere Limit für eine gute oder sehr gute Idee hielten. (Nora Laufer, 11.2.2020)