Kann sich irgendjemand erinnern, dass ein Bundeskanzler der Republik Österreich in einer Pressekonferenz jemals sinngemäß gesagt hätte: Zwei sehr hochrangige Journalisten haben mir bestätigt, dass Mitglieder der Staatsanwaltschaft Amtsmissbrauch begangen haben, weil sie ihnen Infos aus Strafverfahren gegeben haben – aber ich sag euch nicht, wer das war. (Erster Gedanke aller Journalisten: Dürfen wir raten?)

Sowas hat bisher kein Bundeskanzler gesagt. Und schon kündigt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger an, eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen unbekannt einzubringen. Als Zeuge: Bundeskanzler Sebastian Kurz.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Foto: AP Photo/Jens Meyer

Hier geht es um den Rechtsstaat. In großer Klarheit hat das Sonntagabend bei "Im Zentrum" Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung, gesagt: Die Behauptung von "Spitzenpolitikern" über "rote Netzwerke" in der Staatsanwaltschaft sei "vertrauensschädigend". Kurz habe "das Problem geschaffen".

Dagegen blieb die Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (erwartungsgemäß) stur auf dem Spin von den "roten Netzwerken".

Kurz setzt die Justiz gerade dann unter Druck, wenn Untersuchungen in der Causa Casinos AG (Casag) gegen prominente türkise Politiker/Manager laufen.

Kann sich jemand erklären, warum der Kanzler sich derart hartnäckig auf gefährliches justiz- und demokratiepolitisches Terrain begibt? (Hans Rauscher, 10.2.2020)