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Kippt die CDU nach rechts? Das befürchtet jedenfalls die SPD.

Foto: Reuters / Wolfgang Rattay

Berlin – SPD-Chef Norbert Walter-Borjans will dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht automatisch die Zustimmung für einen Kanzlerwechsel in Deutschland vor der nächsten Bundestagswahl zuzusagen. Die SPD habe immer "sehr deutlich" gemacht, dass sie die große Koalition "mit einer Kanzlerin Angela Merkel" eingegangen sei, sagte Walter-Borjans am Dienstag im Deutschlandfunk.

Wenn Merkel in dieser Legislaturperiode die Kanzlerschaft aufgäbe, "dann hätten wir sicher eine Situation, in der es viel nachzudenken und viel zu bereden gäbe". Auf die Nachfrage, ob dann auch der Fortbestand der Koalition zur Debatte stünde, sagte der SPD-Chef: "Zur Debatte natürlich, weil es um Inhalte geht, weil es auch um Vertrauensgrundlagen geht." Er sei nach wie vor "sehr skeptisch, dass das, was getan werden muss in diesem Land, mit der großen Koalition auf Dauer gut zu erreichen ist".

Kühnert warnt vor einem Rechtsruck

Kurzfristig sehe er die Koalition nicht gefährdet: "Ich bin aber auch Realist", sagte Walter-Borjans. "Wir haben eine Grundlage, die in dieser Regierung da ist, mit der Kanzlerin Angela Merkel." Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert warnte die CDU vor einem Rechtsruck. "Eine CDU, die sich auch auf Bundesebene öffnen würde für Kooperationen mit der AfD oder die nicht mehr den Anspruch vertritt, als gesamte Organisation klar zu sagen, zum rechten Rand gibt es – auch aus historischer Verantwortung – ohne Wenn und Aber einen Strich, wäre eine andere Partei", sagte Kühnert am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Mit der könnte es nicht "ohne weiteres" eine Zusammenarbeit geben.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Montag ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur erklärt. Auch den Parteivorsitz will sie abgeben, wenn die Kandidatenfrage gelöst ist. Mit ihrem Schritt zog Kramp-Karrenbauer die Konsequenz aus dem massiven Autoritätsverlust der vergangenen Tage infolge ihres Umgangs mit der Thüringen-Krise. Die thüringische CDU-Fraktion hatte vergangene Woche gegen ihren ausdrücklichen Wunsch den FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt – und dabei mit der rechten AfD zusammengespielt, auf deren Stimmen Kemmerich angewiesen war. Kemmerich trat inzwischen zurück.

Werteunion: "Ohne uns gewinnt CDU keine Wahlen"

Auch die konservative Werteunion – jene Gruppe innerhalb der CDU, die für eine Annäherung zu AfD und rechtem Rand eintritt – geriet nach dem Geschehen in Thüringen unter Druck. Nun wehrt sie sich gegen Kritik und droht ihrerseits der Mutterpartei: "Wir wissen, dass wir als Konservative und Wirtschaftsliberale, die sich in der Werteunion organisiert haben, wichtig für die Partei sind", sagte ihr Vorsitzender Alexander Mitsch am Dienstag dem SWR. "Ohne uns wird die Partei zukünftig keine Wahlen gewinnen können." Bei den vergangenen 13 Wahlen habe die Union Stimmen verloren, weil man die Werteunion vernachlässigt habe. Mitsch machte sich zudem erneut für Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz als Kanzlerkandidat stark.

Nach der Rückzugsankündigung von Kramp-Karrenbauer hatten mehrere führende CDU-Politiker die Werteunion scharf attackiert. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der "Rheinischen Post": "Ein Bekenntnis zur Werteunion ist eine Beleidigung für alle CDU-Mitglieder." Die CDU mache Politik auf den Fundamenten ihrer Werte. Dafür brauche es keine Werteunion. (red, APA, Reuters, 11.2.2020)