Dmitri Kosak wird Ukraine-Beauftragter des Kreml.

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Moskau sieht den geplanten Normandie-Gipfel im April in Gefahr: Angesichts der Verlautbarungen aus Kiew und der Tatsache, dass die Ukraine die beim vorangegangenen Gipfel in Paris auf sich genommenen Verpflichtungen bisher nur mangelhaft umsetze, sei der Sinn eines neuen Treffens fraglich, sagte der stellvertretende russische Außenminister Andrej Rudenko. Von allen Vereinbarungen sei bisher nur der Gefangenenaustausch erfolgt, klagte der russische Staatssekretär. Ohne die Erfüllung der politischen Punkte sei die Diskussion über den Termin eines neuen Gipfels gegenstandslos, so Rudenko.

Die Unzufriedenheit der russischen Führung über den Stand der Dinge hat sich nun in einer Personalie manifestiert. Der bisherige Kurator der Ukraine-Politik im Kreml, Wjatscheslaw Surkow, wird von Dmitri Kosak ersetzt. Der Rücktritt Surkows, der einen äußerst harten Kurs gegenüber Kiew gefahren hatte, sickerte bereits in der letzten Jännerwoche durch. Bestätigt wurde der Wechsel allerdings erst jetzt.

Positives Echo

In der Ukraine rief er ein positives Echo hervor: Kosak sei dialogbereiter, drückte Andrej Jermak, Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die Hoffnungen der Ukrainer aus. Tatsächlich ist die Ukraine für Kosak kein neues Terrain. Immerhin wurde er 1958 im ukrainischen Gebiet Kirowohrad geboren. Seine politische Laufbahn begann er allerdings wie die meisten hochrangigen Kreml-Politiker in Leningrad beziehungsweise später St. Petersburg. Er studierte wie Kreml-Chef Wladimir Putin Jura an der dortigen Universität und begann noch zu Sowjetzeiten eine Laufbahn als Staatsanwalt. Später leitete er die juristische Abteilung in der Stadtverwaltung von St. Petersburg, wo er sich auch mit Putin bekannt machte. Der nahm ihn dann auch nach Moskau mit, wo er seither im steten Wechsel zwischen Regierung und Präsidialverwaltung pendelt.

Kosak gilt als fähiger Technokrat. In den Anfangsjahren der Putin-Ära hat er die Justiz- und die Verwaltungsreform mitentworfen. Beide waren durchaus erfolgreich. Auch die Organisation der Olympischen Winterspiele legte Putin in die Hände Kosaks. Seit der Ukraine-Krise ist er mit brisanteren Aufgaben betraut. So war er nach dem Anschluss der Krim in der Regierung für die Integration der beiden Regionen Krim und Sewastopol in den russischen Staat verantwortlich und landete entsprechend auf den westlichen Sanktionslisten.

Bewegung im Friedensprozess

Medienberichten zufolge kümmert er sich zudem auf Regierungsebene um die russische Wirtschaftshilfe an die Separatistenrepubliken in Luhansk und Donezk – auch wenn das offiziell von russischer Seite nicht bestätigt wird.

Trotzdem ist die Hoffnung in Kiew nicht völlig unbegründet, dass mit Kosak als neuem Ukraine-Beauftragten Bewegung in den Friedensprozess kommt. Kosak hat sich bereits einmal als Mittler zwischen Separatisten und Zentralregierung versucht. 2003 arbeitete er ein Kommuniqué zur Einigung der Republik Moldau aus. Das Memorandum sah eine "asymmetrische Föderation" vor, in der Transnistrien und die Region Gagausien umfangreiche Autonomie- und Vetorechte bekommen sollten. Tatsächlich wurde das Dokument zunächst von beiden Seiten befürwortet, ehe der damalige moldauische Präsident Wladimir Woronin in letzter Sekunde seine Unterschrift verweigerte – wie es heißt: auf Druck der USA.

Es scheint durchaus möglich, dass der Kreml mit Kosak einen neuen kompromissfreudigeren Ansatz in der Ukraine-Politik versucht. Seine eigenen Interessen wird Russland dabei natürlich nicht vergessen. (André Ballin aus Moskau, 11.2.2020)