Julius Meinl hält die Justiz auf Trab.

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Es war im Sommer 2007, als die Vorboten der großen Finanzkrise schwere Gewitter in Österreich auslösten. Damals wurde bekannt, dass die Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) einen milliardenschweren Aktienrückkauf getätigt hatte. Das mutmaßliche Motiv der Aktion, wie es schon 2008 in einem Prüfbericht der Nationalbank dargestellt wurde: Meinl hatte über eine Briefkastenfirma in der Karibik ständig MEL-Papiere übernommen und dann kontinuierlich weiterverkauft.

Als die Immobilienblase zu platzen drohte, fand das Vehikel keine Abnehmer mehr. Der Meinl-Firma drohten wegen der fallenden Kurse herbe Verluste. Was also tun? Meinl European Land nahm Meinl das Problem ab. Die Firma kaufte die in der Karibik gebunkerten eigenen Aktien (genau genommen: Zertifikate) auf. Der Vorteil: MEL gehörte nicht Meinl, sondern Privatanlegern. Der drohende Verlust ging also von der Bankiersdynastie auf eine Publikumsgesellschaft über.

Betrugsverdacht

Was hier etwas verkürzt umrissen wird, erfüllt aus Sicht der Staatsanwaltschaft den Verdacht des schweren, gewerbsmäßigen Betrugs. Die neun Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück, es gilt selbstredend die Unschuldsvermutung.

Was die Sache mit den aktuellen Diskussionen über die angebliche Politnähe und andere Mängel der Justiz zu tun hat? Die Causa Meinl gilt als Synonym für schleppende, wenn nicht sogar fehlgeleitete Ermittlungen. Schon öfter erlaubte sich die Staatsanwaltschaft Wien schwere Schnitzer. Zweimal wurde eine Anklage wegen der Ausschüttung einer Sachdividende durch die Meinl Bank abgedreht. Dazu kommt die Übernahme von Bewachungskosten für Julius Meinl durch die Meinl Bank, in der die Anklagebehörde mit ihrem Untreueverdacht abblitzte. ",Supergau‘ für die Anklagebehörde", frohlockte Ex-Meinl-Anwalt Georg Schima dazu kürzlich in einem Kommentar im "Trend".

Was Beobachter in der Causa Meinl besonder echauffiert: Anstatt den mutmaßlichen Betrug an den MEL-Anlegern konsequent zu ermitteln, hätten sich die Ermittler in Nebensächlichkeiten verstrickt. Auch kein Ruhmesblatt: Mit dem Prüfbericht der Nationalbank liegen wesentlichen Fakten seit nunmehr fast zwölf Jahren in der Schublade der Behörde.

Was ihr zu schaffen macht, sind die ständigen Einsprüche der Beschuldigten rund um die frühere Meinl Bank, die mittlerweile Anglo Austrian Bank heißt. Laut Behörde nahm allein die Frage, welche beschlagnahmten Daten ausgewertet werden dürfen, fünf Jahre in Anspruch. Das kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Staatsanwaltschaft wenige Sackgassen ausließ.

Tauziehen um Gutachter

Im Hauptstrang des Verfahrens, in dem Julius Meinl schon im April 2009 eine U-Haft antreten musste, dürfte noch einige Zeit ermittelt werden. Wie aus einer Mitteilung von Justizministerin Alma Zadic hervorgeht, werden derzeit "zahlreiche Vernehmungen durchgeführt".

Zudem beabsichtige das Straflandesgericht Wien, ein Sachverständigengutachten im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme einzuholen, schreibt Zadic in einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von Neos-Mandatar Johannes Margreiter. Auch das ist die Konsequenz eines Meinl-Einspruchs gegen die Auswahl eines Gutachters durch die Staatsanwaltschaft. Zadic kann nicht seriös abschätzen, wie lange noch ermittelt wird.

Meinl ist nur eines von vielen Beispielen überlanger Verfahrensdauer. Der Bawag-Blitzkredit an den US-Broker Refco von 2005, der der damaligen Gewerkschaftsbank fast das Genick brach, mündete ziemlich genau 14 Jahre später in einen Prozess. Die Buwog-Ermittlungen begannen 2009, verhandelt wird seit gut zwei Jahren. Die Causa Eurofighter ist seit 2008 anhängig. (Andreas Schnauder, 12.2.2020)