Österreichs siechendes Gesundheits- und Sozialwesen braucht Reformen, tönt die Politik elf Monate im Jahr und überschlägt sich vor Ideen. Doch nun herrscht Schweigen im Walde. Dann nämlich, wenn es um die Gehälter und Arbeitsbedingungen der Sozialwirtschaft geht.

Dabei ist die Branche der wunde Punkt des Arbeitsmarktes. 80 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, ihre Gehälter sind vielfach ein Hohn. Die Arbeitsbedingungen sind rau, die Fluktuation ist hoch. Vorhaben, die Ausbildung zu verbessern, sind löblich – bleiben die Jobs jedoch gleich schlecht bezahlt wie bisher, wird auch das nicht den so dringend nötigen Zulauf in die Pflegeberufe bringen.

Die Gewerkschaft macht sich für eine 35-Stunden-Woche in der Sozialwirtschaft stark.
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Der Ruf nach einer Verkürzung der Arbeitszeit auf eine 35-Stunden-Woche mag in der Wirtschaft die Alarmglocken schrillen lassen. Sie fürchtet, dass die Gewerkschaft Morgenluft wittert und andere Branchen freudig nachziehen. Bei Sozialberufen auf stur zu schalten ist dennoch kurzsichtig. Denn Österreichs alternde Bevölkerung benötigt mehr denn je Pflegekräfte, mobile Heimhilfen, Therapeuten und Sozialarbeiter. Für den psychisch und körperlich fordernden Job lassen sich zusätzliche Beschäftigte nur über bessere Rahmenbedingungen gewinnen.

Mit ein paar Stunden weniger Arbeit allein ist es nicht getan, aber es ist ein erster Schritt. Und klar, da und dort erhöht es kurzfristig den Arbeitskräftemangel. Aber es verhindert, dass die Sozialbranche selbst zum Sozialfall wird. (Verena Kainrath, 11.2.2020)