Annegret Kramp-Karrenbauer will aus dem politischen Rampenlicht treten – aber erst wenn ihre Nachfolge an der CDU-Spitze und die Kanzlerkandidatur geregelt sind.

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Es hört gar nicht mehr auf mit den Rücktritten in Deutschland. Am Dienstag warf auch Jürgen Klinsmann, der Kurzzeittrainer des Fußball-Erstligisten Hertha BSC, seinen Job hin. Zudem kündigte der Münchner Kardinal Reinhard Marx seinen Rückzug als Chef der Bischofskonferenz an.

Doch im politischen Berlin wird natürlich kein Abgang mehr diskutiert als jener von Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin. Sie will nicht mehr Kanzlerkandidatin werden und auch ihr Amt an der Parteispitze aufgeben. Aber erst dann, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Einen hektischen Prozess hat sie dabei nicht im Sinn, die Kür könnte erst beim Parteitag im Dezember erfolgen.

Das geht vielen jedoch nicht schnell genug. "Monatelanges Zögern birgt wieder die Gefahr einer Zerreißprobe", sagt der niedersächsische CDU-Chef Bernd Althusmann. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier meint: "Wir möchten nicht den gleichen Zirkus veranstalten wie die Sozialdemokraten. Wir können uns das derzeit nicht erlauben, dass wir uns monatelang mit uns selbst beschäftigen."

Die SPD hat sich nach dem Rücktritt von Andrea Nahles am 2. Juni 2019 monatelang für die Nachfolgeregelung Zeit gelassen, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wurden erst im Dezember 2019 als neue Chefs gewählt.

Zelebrieren der Krise

Besonders harsche Worte kommen von der CSU. "Abwegig" nennt Alexander Dobrindt, der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Kramp-Karrenbauers Zeitplan. "Die Partei muss geführt werden", sagt er. Und: "Krisenhafte Situationen bewältigt man nicht durch Zelebrieren der Krise, sondern durch Handeln."

Das weitere Vorgehen wünscht sich Dobrindt so: "Wir haben eine Zahl von Menschen, die sich das vorstellen können. Die haben die Verantwortung, das jetzt zu klären." Namen nannte er am Dienstag in Berlin keine. Es weiß ohnehin jeder, wer gemeint ist: vor allem der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet.

Der Dritte im Bunde wäre Gesundheitsminister Jens Spahn, dem aufgrund seines weniger weit fortgeschrittenen Alters – er ist 39 – eher geringere Chancen eingeräumt werden. Spahn könne auch in ein paar Jahren noch in den Ring steigen und sich bis dahin profilieren, heißt es in Berlin.

Bis jetzt allerdings hat sich noch keiner der möglichen Kandidaten aus der Deckung gewagt und seine Bereitschaft für die Kanzlerkandidatur und die Führung der CDU zu erkennen gegeben.

Mehrmals wurde Merz bei einer Veranstaltung in Siegen (Nordrhein-Westfalen) gefragt, ob er zur Verfügung stehe. Seine Antwort war stets die gleiche: "Wir diskutieren die Lage unserer Partei hinter verschlossenen Türen und nicht in der Öffentlichkeit." Laschet antwortete auf die Frage, ob er die Kanzlerkandidatur scheue: "Ich scheue gar nichts." Eine definitive Bewerbung allerdings ist das nicht.

Merz in Umfrage Favorit

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Sendergruppe RTL/ntv ist Merz der Favorit. Ihn sehen 27 Prozent als Nachfolger für AKK und als Kanzlerkandidaten. 18 Prozent sind für Laschet, acht Prozent für Spahn.

Gefragt wurde auch nach dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Er findet bei elf Prozent Zustimmung. Für 36 Prozent ist allerdings keiner der vier akzeptabel.

Den CDU-Vorsitz kann Söder natürlich nicht übernehmen. Er war aber in den vergangenen Monaten auch immer wieder als Kanzlerkandidat im Gespräch. Doch Söder hat mittlerweile abgesagt: "In Bayern ist mein Standort und mein Anker, ich bin bei den bayerischen Wählerinnen und Wählern im Wort."

Bei der Kandidatensuche der CDU will die CSU aber mitreden, schließlich stellen die beiden Parteien den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin immer gemeinsam auf und machen dann auch gemeinsam Wahlkampf.

Die SPD sieht die große Koalition derzeit nicht in Gefahr. Allerdings will sie der CDU einen möglicherweise früheren Kanzlerwechsel nicht so einfach ermöglichen. "Wir haben eine Grundlage, die in dieser Regierung da ist, mit der Kanzlerin Angela Merkel", sagt SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. Wenn Merkel früher aufgäbe, "hätten wir sicher eine Situation, in der es viel nachzudenken und viel zu bereden gäbe". (Birgit Baumann aus Berlin, 11.2.2020)