In knapp vier Monaten übernimmt Deutschland den EU-Vorsitz. Die Regierung in Berlin sollte dann gemeinsam mit den EU-Institutionen eigentlich wichtige Weichenstellungen für das gemeinsame Europa vornehmen.

Nach dem EU-Austritt der Briten wäre das schon in Normalzeiten kein leichtes Unterfangen gewesen: Mit London muss bis Jahresende ein Abkommen ausgehandelt werden. Die Partner müssen eine Einigung auf den EU-Budgetrahmen bis 2027 finden. Die verkleinerte und ärmere Gemeinschaft muss ihren Platz auf globaler Ebene ohne die Atommacht Großbritannien anders definieren, im Inneren eine neue Machtbalance finden.

Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin.
Foto: EPA/CLEMENS BILAN

Auf die Wirtschaftsgroßmacht Deutschland kommt es dabei besonders an. Angela Merkel hat sich dazu auch viel vorgenommen: "ihre" EU-Präsidentschaft als glänzender Abschluss einer langen Kanzlerschaft im Dienst Europas, 2021 solide Übergabe an Annegret Kramp-Karrenbauer.

Dieser Traum ist nun über Nacht geplatzt. Nach dem Desaster von AKK steht Merkel selbst plötzlich politisch als lahme Ente da. Egal, wie es in Berlin weitergeht, ob mit raschen Neuwahlen, gar einem fliegenden Kanzlerwechsel zum neuen CDU-Chef, vermutlich Armin Laschet oder Friedrich Merz, oder ob sich die Koalition unverändert über den Sommer dahinschleppt: Merkel steht aus Sicht der EU-Partner für das Vergangene, nicht für dynamische Zukunft. Die Krise in Berlin lähmt auch Europa.(Thomas Mayer, 11.2.2020)