Bernie Sanders sah in seiner Rede nach dem Sieg bei der demokratischen Vorwahl in New Hampshire "den Anfang vom Ende für Donald Trump".

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Concord – Der linksgerichtete Senator Bernie Sanders hat laut US-Sendern die Präsidentschaftsvorwahl der oppositionellen Demokraten im Bundesstaat New Hampshire gewonnen. Dies ergaben Hochrechnungen auf der Basis der Auszählung von fast 90 Prozent der Stimmen. Sanders lag am Mittwochmorgen bei 25,7 Prozent, gefolgt von den moderat-pragmatischen Bewerbern Pete Buttigieg (24,4 Prozent) und Amy Klobuchar (19,7 Prozent). Joe Biden, bis vor kurzem noch in landesweiten Umfragen als Favorit gehandelt, blieb im Neuengland-Staat chancenlos: Er landete mit nur 8,4 Prozent noch hinter Elizabeth Warren (9,3 Prozent) auf Rang fünf.

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"Dieser Sieg ist der Anfang vom Ende für Donald Trump", sagte Sanders am Dienstagabend. Es gehe darum, Trump – "den gefährlichsten Präsidenten der jüngeren Geschichte" – bei der Wahl im November zu besiegen.

Er werde sich für eine bessere Gesundheitsversorgung, höhere Steuern für Reiche, strengere Waffengesetze und den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen, versprach der 78-Jährige.

Enttäuschendes Resultat für Joe Biden

Sanders ist parteilos, steht aber dem linken Flügel der Demokraten nahe. Die ebenfalls linksgerichtete Senatorin Elizabeth Warren konnte er nun in New Hampshire ebenso wie bei der ersten Vorwahl in Iowa deutlich abhängen. Warren landete mit etwa neun Prozent auf dem vierten Platz.

Bernie Sanders

Noch enttäuschender verlief der Abend für den früheren Vizepräsidenten Joe Biden, der mit nur rund acht Prozent auf Platz fünf kam. Schon in Iowa hatte er einen Rückschlag erlebt, indem er nur auf Platz vier landete. In beiden Fällen hatten Umfragen seine schlechte Platzierung vorausgesagt – er liegt in anderen Bundesstaaten, vor allem im Süden der USA, deutlich besser. Sein Hauptverkaufsargument, er sei der einzige Kandidat im demokratischen Feld, der für viele US-Bürgerinnen und -Bürger "wählbar" sei, ist nach den beiden enttäuschenden Ergebnissen aber dahin. Er gab sich vor Anhängern in South Carolina, wo am 29. Februar gewählt wird, dennoch zuversichtlich: "Es ist nicht vorbei, ich fange gerade erst an. Wir haben erst von zwei der 50 Staaten gehört, wir haben den Startschuss gehört, nicht den Zielgong."

Die große Begeisterung fehlt

Insgesamt fiel die Wahlbeteiligung – nach schwachen Zahlen in Iowa vor einer Woche – diesmal etwas besser aus: Sie lag deutlich über dem Niveau von 2016, als Sanders in New Hampshire seine damalige Konkurrentin Hillary Clinton mit 60 zu 28 Prozent schlug. Knapp nicht erreicht wurden aber vermutlich die Werte von 2008, als Barack Obama an der demokratischen Basis eine Welle der Begeisterung auslöste. Auffällig diesmal auch: Die Beteiligung war vor allem in Städten und größeren Gemeinden stark, auf dem Land aber schwach. Wermutstropfen für Sanders: In einer Exit-Poll für den Sender CNN gaben 51 Prozent der Primary-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer an, der Senator aus Vermont sei ihnen zu weit links angesiedelt. Demnach würden sich auch heute in einem fiktiven Duell nur noch 50 zu 30 Prozent für ihn statt Clinton entscheiden.

New Hampshire war der zweite Bundesstaat, in dem die Vorwahlen zur Bestimmung des Herausforderers oder der Herausforderin von Präsident Trump stattfanden. In Iowa hatte Buttigieg einen Überraschungssieg errungen. Allerdings lag er dort laut dem offiziellen Ergebnis nur hauchdünn vor Sanders. Die Iowa-Vorwahl wurde durch eine schwere technische Panne bei den Auszählungen beeinträchtigt. Sanders will deshalb das Ergebnis überprüfen lassen.

Yang steigt aus Rennen aus

Das Bewerberfeld der Demokraten schrumpfte nach der Abstimmung in New Hampshire weiter zusammen: Andrew Yang und Michael Bennet erklärten ihren Ausstieg. IT-Unternehmer Yang und der Senator Bennet sahen nach schwachen Ergebnissen in New Hampshire wie schon in Iowa keine Chance mehr auf die Nominierung für das Weiße Haus.

Allerdings steigt am Super Tuesday am 3. März, an dem in 15 Bundesstaaten gewählt wird, ein weiterer Kandidat ein, der bisher gar nicht auf den Stimmzetteln gestanden ist: der New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg. Er hofft wohl darauf, fleißig Stimmen zu sammeln – und womöglich von einem Patt auf dem Parteitag der Demokraten zu profitieren. Dort könnte er als Kompromisskandidat gewählt werden, wenn niemand bei den Vorwahlen eine absolute Mehrheit bekommt. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Resultat ist laut einem Modell der Politik- und Umfrageplattform fivethirtyeight.com deutlich gestiegen – sie liegt demnach nun bei 33 Prozent. Als knapp wahrscheinlicher wird nur ein Sieg von Bernie Sanders bewertet (38 Prozent).

Die Vorwahlen werden sich noch monatelang hinziehen. Im Juli werden die Demokraten dann bei einem Parteitag ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin für die Präsidentschaftswahl im November nominieren.

Trump gratulierte Buttigieg, der knapp hinter Sanders auf dem zweiten Platz lag, nannte diesen aber verächtlich "Pete Bootedgeedge" – wohl nicht unabsichtlich auf den für viele seiner Stammwähler exotisch klingenden Namen des Kandidaten verweisend. Er habe "ziemlich gut" abgeschnitten und mache dem "verrückten Bernie" das Leben schwer, feixte Trump. Dessen ehemaliger Stratege Stephen Bannon hatte schon kürzlich bei einer Podiumsveranstaltung den Kurs vorgegeben: Zwietracht unter den Demokraten zu säen. Sanders gegen Buttigieg, Biden gegen Bloomberg, links gegen rechts, Falken gegen Friedenstauben – das ist jenes Narrativ der Demokratischen Partei, auf das die republikanischen Strategen hoffen. Es scheint sich vorerst zu verwirklichen.

Die wahre Geschichte, so Trump sei aber ohnehin er selbst: Er habe bei der republikanischen Vorwahl in New Hampshire mehr Stimmen erhalten "als alle amtierenden republikanischen Präsidenten in den letzten 40 Jahren vor mir". Ob Trump mit dem Ergebnis von 85,5 Prozent wirklich ganz zufrieden ist, bleibt aber offen: Der als chancenlos geltende ehemalige Gouverneur von Massachusetts, Bill Weld, erhielt bei der Vorwahl 12.949 Stimmen (9,2 Prozent). (fmo, mesc, APA, 12.2.2020)