Illustration: Archiv

Wien – "Senk ju vor träwelling" gilt als Klassiker verunglückter Aussprache, wenn sich Menschen mit deutscher Muttersprache im Englischen versuchen. Dabei lässt das Abmühen mit dem berühmten "th" oft einen anderen Fehler durchschlüpfen, der ebenfalls als typisch für englischsprechende Deutschsprachige gilt: nämlich dass sie oft keinen Unterschied zwischen "v" und "w" machen. Paradebeispiel dafür ist der Fall Death Valley, bei dem das anlautende "v" fälschlicherweise gerne wie das "w" von "water" ausgesprochen wird.

Aber natürlich machen solche Fehler nur die anderen, glauben wir. Forscher haben in diesem Zusammenhang ein Phänomen untersucht, das sie mit Akzentparadox betiteln: Es bezieht sich darauf, dass wir den deutschen Akzent bei anderen Menschen im Allgemeinen gut hören, entsprechende Fehler bei uns selbst aber trotz jahrelangen Übens oft nicht abstellen können.

Das Experiment

Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, haben Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der University of Malta ein Experiment durchgeführt, von dem sie im Fachjournal "Plos One" berichten.

Zur Vorbereitung ließen die Forscher 24 Probandinnen 60 einfache Sätze wie "The family bought a house", "The jug is on the shelf" oder "They heard a funny noise" vorlesen. Dass sie für den Versuch nur Frauen heranzogen, hatte einen Grund. Denn damit das Experiment in seine entscheidende Phase treten konnte, wurden die Aufnahmen anschließend künstlich so verfremdet, dass die Frauen- wie Männerstimmen klangen. "Durch die Verfremdung blieben alle akustischen Merkmale des Akzents erhalten, aber die Stimmen wurden nicht mehr als die eigenen erkannt", erklärt Eva Reinisch vom Institut für Schallforschung der ÖAW den Zweck.

Einige Wochen später wurden die Probandinnen dann nochmals eingeladen, um sich einzelne aufgenommene Sätze anzuhören und deren Aussprache im Schulnotensystem zu bewerten. Jede Probandin bekam dafür eine – für sie nicht als solche erkennbare – Aufnahme von sich selbst sowie von drei anderen "Männern" vorgespielt. Das Ergebnis war eindeutig: In allen Fällen gaben die Probandinnen sich selbst die Bestnote. "Wir waren schon überrascht, dass wir diese Selbstüberschätzung so deutlich zeigen konnten", sagt Reinisch.

Interpretationen und Abhilfe

Für den Effekt gibt es laut den Forschern mehrere Erklärungen. Zum einen weiß man bereits aus früheren Studien, dass Akzente, die man gut kennt, einfacher zu verstehen sind. "Unsere eigene Stimme kennen wir gut und finden sie daher gut verständlich", sagt Reinisch. "Deswegen finden wir eventuell unseren eigenen Akzent gut verständlich und daher besser, als er ist." Eine andere mögliche Erklärung ist der sogenannte "Mere-Exposure"-Effekt. Dieser Effekt beschreibt, dass wir Dinge, die wir kennen, unwillkürlich auch als angenehmer einschätzen. Beide Erklärungen könnten auch zusammen für die Selbsttäuschung verantwortlich sein.

Für Pragmatiker stellt sich abschließend natürlich noch eine andere Frage: Wie entgehe ich dieser Falle? Ganz einfach, bilanzieren die Forscher – wir brauchen externes Feedback. "Wir können uns nicht verbessern, solange wir denken, dass wir eigentlich schon ganz gut sind", betont Reinisch. Ansonsten droht ein Effekt, den die Forscher "Fossilisierung" nennen: Man glaubt, man habe das Ziel in der Aussprache schon erreicht, obwohl das objektiv nicht der Fall ist, und sieht daher keinen Grund mehr, weiter zu üben. (red, 12.2.2020)