Die Entscheidung zur Weihe von Frauen zu Diakoninnen und von verheirateten Männern zu Priestern ist einmal mehr auf die lange Kirchenbank geschoben worden.

Foto: Christian Fischer

Millionen Christen haben wohl auf diesen Tag gewartet. Und wurden letztlich bitter enttäuscht. Von einem Tabubruch war nach der Amazonien-Synode im Oktober die Rede, manch einer sah gar schon das Ende des Zölibats gekommen. Doch im Vatikan ist man der Linie der Vergangenheit treu geblieben. Papst Franziskus ist unter dem Druck der konservativen Kreise in die Knie gegangen. Und hat mit seinem nachsynodalen Schreiben "Querida Amazonia" (Liebes Amazonien) das erstmals ungewöhnlich weit geöffnete Fenster der Erneuerung wieder fest verschlossen. Die Entscheidung zur Weihe von Frauen zu Diakoninnen und von verheirateten Männern zu Priestern ist einmal mehr auf die lange Kirchenbank geschoben worden.

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In einem jüngst präsentierten und von Franziskus verfassten Buch über Papst Johannes Paul II. merkt dieser unmissverständlich an, dass der Zölibat "ein Geschenk" sei. Doch wer hat es noch nicht erlebt: Manch wohlgemeinte Geschenke können gewaltig danebengehen – und sich letztlich als Eigentor entpuppen. Mit der Verweigerung, das ewig heiße Eisen behutsam abzukühlen, ist der Ruf von Papst Franziskus als einem großen Erneurer dahin.

Es wäre die einmalige Chance gewesen, diesem Pontifikat einen historischen Stempel aufzudrücken. Papst Franziskus hätte die Möglichkeit gehabt, den Beweis anzutreten, dass er Kirche tatsächlich neu denkt. Zu zeigen, dass er hinter einer Kirche steht, deren Wurzeln in den Gemeinden liegen. Deren Lebensbaum an der Basis gedeiht.

Alte Muster der Macht

Der Zölibat ist kein kirchliches Dogma. Der Zölibat lässt sich auch biblisch nicht festmachen. So gibt es im Neuen Testament sehr wohl verheiratete Bischöfe, Priester und Diakone. Doch eines ist der Zölibat ganz gewiss: ein Wischiwaschi-Gesetz mit vielen Ausnahmen, das regelmäßig zum innerkirchlichen Zankapfel wird. Zuletzt sogar auf allerhöchster Ebene: Papst gegen Papst.

Letztlich geht es wohl vor allem um Macht und um den Erhalt hierarchischer Strukturen. Nicht an das Leben will man Geistliche heute binden, sondern vielmehr an den Heiligen Stuhl ketten. Oder, wie es Kardinalstaatssekretär Lazzaro Opizio Pallavicini ausdrückte: "Wenn man den Geistlichen die Ehe gestattet, so ist die römisch-päpstliche Hierarchie zerstört, das Ansehen und die Hoheit des römischen Bischofs verloren; denn verheiratete Geistliche werden durch das Band mit Weibern und Kindern an den Staat gefesselt, hören auf, Anhänger des römischen Stuhles zu sein." Das Zitat stammt aus dem Jahr 1783. Doch für die Kirche scheint es auch 2020 nichts an Relevanz verloren zu haben. (Markus Rohrhofer, 12.2.2020)