"Lernsieg" wird ein Fall für die Gerichte.

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Wien – Als "Lernsieg" im vergangenen November erstmals ans Netz ging, war die Aufregung groß. Lehrer sahen die Bewertungs-App als mögliches Werkzeug zur Schikane, Netzaktivisten machten Datenschutzprobleme geltend. Kurz nach dem Start war das Projekt des Schülers Benjamin Hadrigan dann auch schon wieder offline. Mittlerweile hat das Bildungsministerium ein Gutachten veröffentlicht, das die App trotz Bedenken ob des Umgangs mit Schülerdaten für zulässig erklärt.

Die Datenschutzbehörde hält die Software für kompatibel mit der 2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung und hat ihr Verfahren eingestellt. Schon in den nächsten acht Wochen, spätestens aber noch im laufenden Schuljahr, wollen die Betreiber die Bewertungs-App wieder verfügbar machen. Weitere Aufregung ist allerdings vorprogrammiert.

Schülervertreter wenig begeistert

Bei Schülervertretern treffen die Pläne auf Skepsis. Die Aktion kritischer Schüler_innen (AKS) hält ihre Kritik aus dem November aufrecht. Schriftliche Erhebungen seien die einzige tragbare Lösung für Feedback zu Lehrern und Unterricht. Man fordert ein normiertes System und verpflichtende jährliche Erhebungen an den Schulen. Entsprechende Pläne finden sich im türkis-grünen Regierungsprogramm unter dem Schlagwort "360-Grad-Feedback".

"Sternchenbewertungen sind nicht genug", heißt es vonseiten der Schülerunion, die regelmäßig im Austausch mit Hadrigan steht. Man bemängelt auch, dass "Lernsieg" nicht sicherstellt, dass jemand, der Bewertungen abgibt, auch wirklich an der jeweiligen Schule angemeldet ist. Dass die App noch zu einem Erfolg werden könne, schließt man nicht aus, dafür sei aber eine Reihe von Verbesserungen notwendig.

Im November vergangenen Jahres hat DER STANDARD Schüler gefragt, was sie von der App halten.
DER STANDARD

Gewerkschaft geht vor Gericht

Auf erbitterten Widerstand trifft "Lernsieg" nach wie vor bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). "Schulbildung ist keine Pizzabestellung", sagt Paul Kimberger, der der Teilgewerkschaft der Pflichtschullehrer (APS) vorsteht. Bei Bildung gehe es "um zwischenmenschliche Beziehungen", die sich nicht "mit Sternchen abbilden lassen". Man hat weiterhin rechtliche Bedenken gegenüber der App und kein Vertrauen in das Versprechen der Betreiber, niemals Daten der Schüler zu verkaufen. Den Entscheid der Datenschutzbehörde hält man für verfassungsrechtlich bedenklich. Nach Ansicht von Kimberger würden die Rechte der Schüler über die Rechte der Lehrer gestellt, was den Gleichheitsgrundsatz verletze.

"Es wird aber nicht das Ministerium oder die Datenschutzbehörde entscheiden, sondern Gerichte", so Kimberger zum STANDARD – egal ob die App in den nächsten Wochen wieder ans Netz geht oder nicht. Schon Ende 2019 hat man im GÖD fünf Musterklagen vorbereitet und Anfang Jänner eine davon eingebracht. Diese wurde mittlerweile für ein Verfahren zugelassen, dessen Beginn man in den nächsten Wochen erwartet.

Gegen verpflichtende Bewertungsmechanismen spricht man sich nicht aus. Sofern das von der Regierung angestrebte Evaluierungsverfahren so gestaltet ist, dass es der Qualitätssicherung des Unterrichts dient, steht man den Plänen der Regierung positiv gegenüber. (gpi, 12.2.2020)