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Black Sabbath 1970. Eine der einflussreichsten Bands aller Zeiten begründete mit ihrem vor 50 Jahren erschienenen Debütalbum das Fach des Heavy Metal maßgeblich mit.

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Donner durchbricht den Regen, vom Friedhof her tönt Glockengeläut. Was für die einen Abschied bedeutet, ist für andere eine Geburtsstunde. Das triste Ambiente wird nach einer halben Minute von Gitarrenriffs erschüttert: zäh und laut. Schließlich nimmt sich die Gitarre zugunsten einer Stimme zurück, die klingt, als hätte auf dem Friedhof drüben ein Unheiliger das Tor zur Hölle geöffnet.

So beginnt das Debütalbum der britischen Band Black Sabbath. Heute vor 50 Jahren ist es erschienen und markierte eine Zeitenwende, es gilt als Geburtsstunde des Heavy Metal.

Dabei war Heavy Metal das Kind mehrerer Väter. Seit dem Aufkommen von Rock 'n' Roll gab es immer Künstler, die am Härtegrad der Musik schraubten. Ende der 1960er-Jahre war es so weit: Mit dem zweiten Album von Led Zeppelin (1969), In Rock (1970) von Deep Purple und Black Sabbaths Erstling kroch ein Genre aus dem Höllenfeuer, das eines der vielfältigsten und nachhaltigsten der Popkultur wurde.

Kruzifix, verkehrtherum

Während viele Gruppen in der Virtuosität und Geschwindigkeit Überzeugungskraft vermuteten, gingen Black Sabbath in die andere Richtung. Zäh und heavy klang ihr Sound. Dazu lieferten sie viele jener Zutaten, die Metal bis heute prägen.

Im schwarzen Klappcover ist ein wenig erbauliches Gedicht in ein auf dem Kopf stehendes Kruzifix eingeschrieben. Und Sänger Ossie Osborne, wie er sich damals schrieb, textete Schröckliches, das er bei den Schriften des Okkultisten Aleister Crowley, Fantasy-Romanen und Horrorfilmen entlieh.

Black Sabbath spielen Black Sabbath. Das Tor zur Hölle geht auf.
Into The Sabbath

Als kommender Fürst der Finsternis sang er das Lied vom Zauberer (The Wizard) und jenes der bösen Frau: Evil Woman. Er blies noch altbacken die Mundharmonika, auch sonst steckte die Band tief im Urschlamm des Blues – und dennoch klang sie neu und gefährlich. Black Sabbath waren neben Ossie Gitarrist Tony Iommi, Geezer Butler am Bass und Bill Ward am Schlagzeug. In zwölf Stunden war das Monster eingespielt.

Eigentlich haben die vier damals zwei Genres begründet, denn der Opener Black Sabbath gilt als erstes Stück Doom Metal. Das ist eines der vielen Subgenres des Metal. Doom ist eine extrem verlangsamte Spielweise. Heute sind darin Sunn O))) oder Earth Großmeister, Letztere sind nach dem ersten Namen von Black Sabbath benannt.

Begattungsfantasien

Heavy Metal war geprägt von lauten, verzerrt gespielten Gitarren. Das zeitigte eine aggressive Grundtonalität, in der das maskulin dominierte Fach nicht mit Machismo geizte. Weltunterwerfungs- und Begattungsfantasien sind so etwas wie dickeiige Zwillinge in den Texten, die Gala ist tendenziell schwarz, hat aber auch Platz für Buntes wie Dunkelgrau.

Blümchen oder Regenbogen passen halt nicht so gut zu den Themen Tod, Verderben, Gewalt, Dämonen, Krieg – alles, was große und kleine Kinder eben so erschreckt. Immerhin galt es damals noch zum Zwecke der Emanzipation die Elterngeneration zu schockieren. Und das geht mit einem Fixgestirn des Fachs am besten, mit dem Teufel; der Albtraum aller Gottesfürchtigen: "My name is Lucifer, please take my hand", singt Ossie im Song N.I.B., bevor Iommi eines seiner unsterblichen Soli spielt. Dass der gefallene Engel in dem Lied weich wird und sich verliebt – einer der vielen Widersprüche des Fachs.

N.I.B. – wenn der Satan in Liebe fällt.
Agustin Garcia

Die Herkunft des Begriffs Heavy Metal ist angesichts seiner Treffsicherheit immer ein bisserl egal gewesen. Zurückführen lässt er sich aber auf den US-Autor William S. Burroughs. Der hat ihn in den frühen 1960ern verwendet, die Band Steppenwolf 1967 in ihrem berühmtesten Song Born To Be Wild.

Härter und schneller

Der Erfolg des Metal war und ist enorm. Die Musik und ihre Subgenres waren immer im Mainstream und Underground zugleich zu finden. Black Sabbath, Deep Purple, Led Zep, später Iron Maiden oder Judas Priest verkauften Millionen Platten.

Im Laufe der Jahre und unter Einfluss des Punk wurde Metal härter und schneller – und manchmal ein bisserl lachhaft, wenn man etwa an Hair-Metal denkt, der lieber Glam Metal gerufen werden möchte: Bands wie Mötley Crüe aus Los Angeles verbrachten in den frühen 1980ern gleich viel Zeit unter der Trockenhaube wie in der Notaufnahme. Passend zur unfreiwilligen Komik der Musik fiel dabei 2002 eine der heitersten Band-Biografien aller Zeiten ab: Dirt. Immerhin.

Gar Schröckliches lauert hinter der Wand des Schlafs.
Into The Sabbath

Metal gilt vornehmlich für Männer als Projektionsfläche für selbst nur begrenzt auslebbare Fantasien von Wildheit, Gesetzlosigkeit und Ekstase. Der Single-Tanz Headbanging wurzelt ebenfalls mit im Metal. Wenn junge Männer die Sache mit Tod und Teufel zu ernst nehmen, kann es aber ordentlich schiefgehen. 1998 erschien das vieldiskutierte Buch Lords of Chaos. Es beleuchtete einen Teil der norwegischen Black-Metal-Szene und ihre Verstrickungen in Morde, okkultes Kirchenabfackeln und rechtsextremen Scheiß.

Sittlich gefestigt

Derlei Nachrichten erschrecken, dabei sind die meisten Schwermetaller nette Menschen – mit einem seltsamen Beruf. Auch die Fans gelten unter ihren blutrünstigen T-Shirts als eher wertkonservativ und sittlich durchaus gefestigt. Sie sorgen dafür, dass Metal eine der großen Gelddruckmaschinen der Musikindustrie ist. Viele vermeintliche Jünger Satans verdienen sehr gut, ob das Slayer sind, die Faschingscombo Slipknot oder die Hochfinanz des Genres, Metallica.

Schwierig ist das Altern als Protagonist des Schattenreichs. Ozzy Osbourne tut sich schwer, heute außer seinem Spiegelbild noch jemanden zu erschrecken. Doch er bemüht sich, und – es gelingt ihm. Auf seinem kommende Woche erscheinenden Album Ordinary Man singt er ein Duett mit Elton John. Da windet sich selbst Luzifer in Schmerzen. (Karl Fluch, 13.2.2020)