Aktionäre können nun bei der Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder mitbestimmen.

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Die Vergütung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates von Aktiengesellschaften ist in vielen Ländern ein heiß umstrittenes Thema – gelegentlich auch in Österreich. An sich legt der Aufsichtsrat die Höhe der Vergütung fest. Aber seit dem Inkrafttreten des Aktienrechtsänderungsgesetzes 2019 rückwirkend mit Juni 2019 sind erstmals auch die Aktionäre in diesen Entscheidungsprozess eingebunden.

Der Aufsichtsrat muss die Grundsätze der Vergütungspolitik für Vorstand und Aufsichtsrat aufstellen und der Hauptversammlung mindestens in jedem vierten Geschäftsjahr und bei jeder wesentlichen Änderung zur Abstimmung vorlegen.

Die Hauptversammlung muss darüber beschließen und soll sich so losgelöst von der konkreten Entscheidung mit der Vergütungspolitik des Unternehmens beschäftigen. Zudem haben Aufsichtsrat und Vorstand jährlich einen Vergütungsbericht zu erstellen, der einen umfassenden Überblick über die im Laufe des letzten Geschäftsjahres gewährten Vergütungen gibt.

Die Hauptversammlung muss auch diesen Bericht beschließen; der Beschluss hat empfehlenden Charakter und ist nicht anfechtbar. Diese Regelung, mit der die EU-Richtlinie 2017/828 umgesetzt wurde, ist ein Novum im österreichischen Aktienrecht.

Nun nähert sich in Österreich die erste Hauptversammlungssaison, in der die Aktionäre sich mit der Vergütungspolitik beschäftigen müssen. Die spannende Frage ist, ob es durch die Beschlussfassung der Hauptversammlung und die weitgehende Transparenz über die Vergütungspolitik zu einer Einschränkung der Kompetenzen des Aufsichtsrats bei diesem Thema kommt.

Einfluss der Aktionäre

Der Aufsichtsrat bleibt, rechtlich betrachtet, der Entscheidungsträger im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung; formal ändert sich am Umfang seiner Kompetenzen daher nichts. Die Meinung der Aktionäre wird praktisch dennoch ein wesentliches Gewicht haben.

Vor allem kann die Beschlussfassung über Vergütungspolitik und -bericht durch die Hauptversammlung und die damit verbundene erhöhte Transparenz zur Stärkung der Stellung der Stimmrechtsberater und institutioneller Anleger führen.

Hinter den Stimmrechtsberatern verbergen sich im wesentlichen zwei große, weltweit tätige Unternehmen, nämlich Institutional Shareholder Services (ISS) und Glass Lewis. Vor allem kleine und mittelgroße institutionelle Anleger folgen in der Regel deren Abstimmungsempfehlungen, ohne diese zu hinterfragen.

Best-Practice-Standards

Die Stimmrechtsberater werden sich wohl an den Best Practice Standards jener Vergütungspolitik orientieren, welche sie in den nächsten Jahren auch international beobachten werden. Und sie werden möglicherweise gegen die Vergütungspolitik abstimmen, wenn die Vorlagen des Aufsichtsrats nicht ihren Vorstellungen entsprechen.

Allein das Risiko einer negativen Empfehlung kann ausreichen, um Druck auf den Aufsichtsrat auszuüben und so die Gestaltung der Vergütungspolitik zu beeinflussen.

Daher ist es wichtig, dass der Aufsichtsrat sich vor allem am Feedback von den Stimmrechtsberatern orientiert, seine bestehende Vergütungsstrategie überdenkt und sie gegebenenfalls anpasst. Grundlage der Vergütungsstrategie sollte grundsätzlich internationale Best-Practice-Standards sein. (Sarah Wared, 13.2.2020)