Seit Donnerstagfrüh auf Konfrontationskurs mit Airbus: Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

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Nach ihren mehrtägigen Nullbotschaften in der erneut virulent gewordenen Causa Eurofighter ließ Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) Donnerstagfrüh mit einer unmissverständlichen Drohung aufhorchen – und zwar gegenüber dem Hersteller der umstrittenen Abfangjäger: Weil Airbus, vormals EADS, gegenüber US-Behörden Fehlverhalten im Zuge des Deals mit Österreich im Jahr 2003 eingestanden hatte, stellte Tanner eine Rückabwicklung des Kaufvertrags als Möglichkeit in den Raum. "Ich fordere von Airbus endlich Wahrheit und Klarheit", sagte die Ministerin im Gespräch mit der APA – das hätten sich die Österreicher nach 17 Jahren verdient.

Nach dem Eingeständnis von Airbus, im Zuge des Jet-Deals Zuwendungen gezahlt zu haben, fordert Verteidigungsministerin Klaudia Tanner Wiedergutmachung und droht sogar mit einem Vertragsausstieg.
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Damit wollte die ÖVP-Frau explizit klarstellen, dass ein Eurofighter-Ausstieg "für uns eine Option" ist. Dazu forderte Tanner von Airbus "eine voll umfassende Kooperation" mit den Behörden der Republik bei der Aufklärung der Causa ein.

Hintergrund: Airbus hatte gegenüber dem US-Justizministerium Zahlungen an vierzehn Personen und Organisationen eingeräumt, die einst deklariert werden hätten müssen. Nur zwei in den US-Unterlagen anonymisierte Empfänger konnten bisher mit hoher Wahrscheinlichkeit konkreten Zahlungssummen zugeordnet werden – und zwar der frühere EADS-Lobbyist Erhard Steininger und die Firma der Ehefrau des früheren Kommandanten der Luftstreitkräfte, Erich Wolf. Doch auch Wolf ist im Akt nicht namentlich genannt, die Schreibe ist nur von einem "österreichischen Regierungsbeamten".

Dreckiges Dutzend gesucht

Seit Publikwerden des Eingeständnisses von Airbus am Wochenende wird hierzulande deswegen darüber gemunkelt, wer wohl das restliche "dreckige Dutzend" sei, das Zuwendungen bekommen hat. Dem Vernehmen nach hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die USA deswegen schon um Rechtshilfe ersucht – wie zuvor schon eine Reihe anderer Staaten, um den Empfängern von Zahlungen – allen voran über das Briefkastennetzwerk Vector Aerospace, in das zig Millionen versickert sein sollen – auf die Schliche zu kommen.

Tanner erwartet sich von Airbus nun insbesondere Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft und drängt auf eine Nennung jener Personen und Organisationen, die rund um die Anschaffung der Abfangjäger Zuwendungen erhalten haben.

Doskozils Abrechnung

Die klaren Worte fand die Ministerin just vor einer Pressekonferenz, zu der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, mittlerweile roter Landeshauptmann im Burgenland, geladen hatten. Bei diesem Termin übte Doskozil, unter dem das Verteidigungsressort im Februar 2017 Betrugsanzeige gegen Airbus erstattet hatte, scharfe Kritik an den Verantwortlichen, in der Justiz und am ehemaligen Koalitionspartner ÖVP: Er erzählte etwa davon, wie es angesichts der Betrugsanzeige mit dem damaligen Vizekanzler (Reinhold Mitterlehner, Anm.) "zu einer cholerischen Aussprache" gekommen sei.

Zur Rechenschaft zog Doskozil auch Strafsektionschef Christian Pilnacek – er habe zwar Vertrauen in Richter und Staatsanwälte, aber "kein Vertrauen zur politischen Ebene der Justiz". Es sei "wie in einer Bananenrepublik", befand Doskozil und erinnerte daran, dass sich Pilnacek unlängst im Ministerium mit Beschuldigten in der Causa Casinos zusammengesetzt habe, darunter etwa Ex-Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP).

Dazu habe in der Causa Eurofighter jahrelang nur ein einziger Staatsanwalt ermittelt, der neben seinem Tagesgeschäft auch noch für die Affäre Telekom zuständig gewesen sei, prangerte Doskozil an – "und bei alledem hat die Fachaufsicht des Justizministeriums jahrelang zugeschaut".

Dabei hätte das Verteidigungsministerium in seiner Amtszeit extra zwei Planstellen zur Unterstützung für die Aufarbeitung der Causa Eurofighter angeboten, um die Ermittlungen der Justiz endlich voranzutreiben – doch auf dieses Angebot sei man nicht eingegangen.

Justizattacke mit Kalkül

An der Seite von Doskozil warf Rendi-Wagner wiederum Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor, die Justiz in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten in nie dagewesener Art und Weise attackiert zu haben – und zwar mit vollem Kalkül. Als dahinterliegendes Motiv vermutet die SPÖ-Chefin die Ermittlungen in der Causa Eurofighter und in der Affäre Casinos, in der ÖVP-Politiker wie Pröll und Ex-Finanzminister Hartwig Löger als Beschuldigte geführt werden.

Beim roten Foyer gab sich Doskozil auch darüber verärgert, dass die ÖVP und insbesondere Kanzler Kurz die Neuaufstellung der Luftraumüberwachung seit Jahren verzögere.

Hintergrund: Wegen der betagten Saab 105, die mit Ende des Jahres ausgemustert werden müssen, steht schon lange auch eine Entscheidung über Wohl und Wehe der Eurofighter an – ob es zu einem Update der Abfangjäger kommen soll oder eben zur Anschaffung von neuem Gerät.

Wie schon in seiner Amtszeit als Minister sprach sich Doskozil erneut für eine Stilllegung der Eurofighter und für den Umstieg auf ein Ein-Flotten-System aus.

Tanner hat Termin

Prompt berief daraufhin auch Verteidigungsministerin Tanner am Donnerstagnachmittag eine Pressekonferenz ein. Anlass dafür: Der Eurofighter-Konzern habe bei ihr inzwischen um einen Termin angesucht, ihr Druck habe also Wirkung gezeigt. Kämpferischer Nachsatz der Ministerin: "Airbus wird mich noch kennenlernen!"

Der Termin, für den es noch kein Datum gibt, soll gemeinsam mit der Finanzprokuratur und unter Einbindung aller Wehrsprecher stattfinden.

Nach 17 Jahren und zahllosen Vorwürfen steht nun ein Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag im Raum. Wolfgang Peschorn, der Leiter der Finanzprokuratur und damit der Anwalt der Republik, erklärt, wie das praktisch funktionieren könnte.



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Grüne sichern Rückhalt zu

Die Neos gaben sich von Tanners neuer Umtriebigkeit jedoch unbeeindruckt und erinnerten daran, dass einst "die Volkspartei gemeinsam mit den Freiheitlichen" den Steuerzahlern die Eurofighter als "Milliardengrab" eingebrockt habe. Dazu fragte Verteidigungssprecher Douglas Hoyos angesichts Tanners Drohung mit Rückabwicklung: "Warum erst jetzt?" – die vermuteten Schmiergeldzahlungen seien ja nicht erst seit vergangenem Wochenende bekannt.

Der grüne Juniorpartner der ÖVP hingegen begrüßte Tanners Engagement in Sachen Eurofighter ausdrücklich – und sicherte der Ressortchefin Unterstützung bei einer "möglichen Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufvertrags" zu. Denn, so der grüne Verteidigungssprecher David Stögmüller: Die Causa sei "einer der größten Korruptionsskandale dieser Republik" und müsse endlich vollständig aufgeklärt werden.

Peschorn sieht zähe Angelenheit

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, hält es für nicht ausgeschlossen, dass in Sachen Eurofighter-Aufklärung Unbekannte "auf der Bremse" stehen könnten. "Dieser Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen", sagte er auf eine entsprechende Frage in der "ZiB 2" des ORF am Donnerstagabend. "Die Sache ist sehr zäh", so der Präsident.

Und dieser Verdacht sei "natürlich auch deswegen nicht von der Hand zu weisen, weil wir sehen, dass in allen anderen Ländern ein Vergleich bzw. Zugeständnisse von unserem Vertragspartner gemacht werden – in Großbritannien, in Frankreich und den USA; in Österreich aber weder ein Zugeständnis gemacht wird, noch etwas zugegeben wird, sondern ganz das Gegenteil behautet wird. Das ist eine Schieflage, die auch eine Ursache haben muss."

Gefragt, wer Interesse an einer Verschleppung haben könnte, sagte Peschorn: "Natürliche jene Menschen, die von den Vorwürfen, die wir erhoben haben, profitiert haben. Es steht ja im Raum, dass Österreich mit den rund zwei Milliarden Euro, die wir im Jahr nach dem Kaufvertrag, im Jahr 2003, bezahlt haben, tatsächlich unserer Korruption selbst bezahlt haben – weil in diesem Kaufpreis 183,4 Millionen eingepreist waren. Über diesen Beträge wurden wir getäuscht, das hat auch der Verfahrensrichter im letzten Untersuchungsausschuss eindeutig festgestellt." (Nina Weißensteiner, 13.2.2020)