Es ist für viele ihr ständiger Begleiter: das Smartphone. Auf der Straße oder beim Einkaufen sind viele Menschen so davon abgelenkt, dass sie ihre Umgebung kaum wahrnehmen. Smombies, also Smartphone-Zombies, werden sie genannt.

Jeder fünfte Fußgängerunfall ist mittlerweile darauf zurückzuführen, heißt es vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Doch nicht nur deshalb birgt das Smombietum Gefahren. Es hat auch Auswirkungen auf unsere Körperhaltung. Deshalb untersucht ein Forscherteam mit Studierenden an der Fachhochschule Campus Wien, wie sich der Gang durch das Smartphone in der Hand verändert.

Grundsätzlich seien bereits bei gesunden Personen, die einen Mangel an Bewegung haben, Abweichungen in der Kniestellung zu erkennen, sagt Klaus Widhalm, Professor für Physiotherapie an der FH Campus Wien. Seine Vermutung ist, dass die Ablenkung durch das Smartphones die Fehlbelastung zusätzlich verstärkt. "Wenn das Knie deshalb in ein leichtes X knickt, führt das zu einer höheren Belastung. Wird das beim Gehen und Stiegensteigen oft wiederholt, kann das über die Jahre zu einer Arthrose führen", sagt Widhalm.

Im Virtual-Reality-Labor Grail der Fachhochschule Campus Wien analysieren Forschende und Studierende, wie die Smartphone-Nutzung unseren Gang beeinflusst. Die Versuchspersonen gehen dafür durch virtuelle Welten.
Foto: FH Campus Wien/Ludwig Schedl

Diese Belastung messen Widhalm und sein Team im sogenannten Bewegungslabor mithilfe von Virtual Reality (VR). Seit Oktober ist das VR-System Grail, das Gait Realtime Analysis Interactive Lab, im Einsatz. Die Probandinnen und Probanden gehen in diesem, bestückt mit Motion-Capture-Markern, auf einem Laufband und sehen sich auf einem 180-Grad-Bildschirm als Avatar auf New Yorks Straßen. "Die Teilnehmer haben durch die Autogeräusche und Menschenstimmen tatsächlich das Gefühl, durch die Stadt zu gehen, fühlen sich weniger beobachtet", sagt Widhalm. Die Verfälschungen, die sonst in Laborsituationen entstehen können, würden so geringer.

Eingebaute Stolperfallen

Die Versuchspersonen müssen nebenbei im Kopf oder mit dem Smartphone Rechenaufgaben lösen. Zusätzlich werden Stolperimpluse eingebaut, die sie im besten Fall ohne Sturz bewältigen. Damit sollen auch der Aufmerksamkeitsfokus und die Reaktionsfähigkeit untersucht werden. "Wenn ich textend durch die Einkaufsstraße marschiere und ein unerwartetes Ereignis tritt ein, ist das Risiko größer, dass ich stürze oder eine andere Art von Verletzung davontrage", sagt Widhalm. Er erwartet, dass die sogenannten Textwalker mehr Gleichgewichtsstörungen haben und länger brauchen, bis sie wieder stabil gehen.

Bei den Untersuchungen helfe auch die 3D-Bewegungsanalyse des Grail, sagt der Physiotherapeut. Diese ermögliche es, komplexe menschliche Bewegungen exakt zu erfassen, in biomechanischen Modellen zu analysieren und die Bewegung als Animation zu visualisieren. Bislang konnten in Studien nur die Bewegungen, aber nicht die Belastungen gemessen werden, sagt Widhalm. Ende Mai sollen die Analysen abgeschlossen sein, die Resultate sollen dann in künftige therapeutische Übungen einfließen. (set, 20.2.2020)