Die Roboterbiene fördert das räumliche Vorstellungsvermögen. Durch das Drücken der Pfeiltasten bewegt sie sich in unterschiedliche Richtungen.

ÖBB Wegscheider

Leo spielt mit Bausteinen, während er erzählt, dass ihm schlecht wird, wenn er mit einem Dieselauto fährt. Mit einem E-Auto hat der Sechsjährige noch keine vergleichbare Erfahrung. Züge und öffentliche Verkehrsmittel sind seine große Leidenschaft. Er kennt das Wiener Öffi-Netz in- und auswendig, weiß, bei welcher Station man in welches Verkehrsmittel umstiegen kann und welche U-Bahn-Station soeben umgebaut wird. Er macht gern mit seiner Familie Urlaub in großen Städten, um dort U-Bahn zu fahren. Sein Berufswunsch ist Lokomotivführer. Gemeinsam mit seiner dreijährigen Schwester geht er in den betriebsnahen Kindergarten der ÖBB am Wiener Praterstern.

Drei Mint-Kindergärten, die über die Wiener Kinderfreunde betreut werden, bietet die ÖBB mittlerweile ihren Mitarbeitern an. Mit dem Mint-Schwerpunkt möchte man das Interesse der Kinder für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik wecken oder in Leos Fall fördern. Das war einer der Gründe, weshalb sich Marlena K. entschieden hat, Leo und seine Schwester im Firmenkindergarten anzumelden. "Ich finde das Angebot toll. Die Kinder sind immer ganz aufgeregt, wenn sie einmal in der Woche Experimente mit Wissenschafter machen können, und spielen das auch immer zu Hause nach."

Zur Lösungsfindung ermutigt

Der Tagesablauf ist nicht viel anders als in anderen Kindergärten, erklärt Manuela Gall, Leiterin des Timi's-Mini-Mints-Kindergartens. "Was sich aber unterscheidet, ist, dass man die Kinder ermutigt, selbst zu forschen und sich auf die Suche nach einer Lösung zu machen. Was ich beobachte, sind unsere Kinder nicht so schnell entmutigt, wenn etwas nicht gleich klappt. Sie probieren es einfach noch einmal." Gall hat eine Fortbildung Medienkompetenz im Kindergarten in Berlin absolviert. Ihr Wissen hat sie an ihre Kolleginnen weitergegeben, wie man zum Beispiel den kleinen Roboter 'Dash' programmiert. Die Kinder können sich Dash und das dazugehörige Tablet jeder Zeit schnappen, nichts wird weggesperrt oder nur zu einer bestimmten Zeiten erlaubt. Mathematik fließt spielerisch ein wie beim Aufdecken des Mittagessens – oder wenn ein Experiment aufgebaut wird.

40 Kinder im Alter von zehn Monaten bis sechs Jahren besuchen den Mint-Kindergarten am Praterstern, der nicht nur ÖBB-Mitarbeitern zur Verfügung steht. Geöffnet hat er von Montag bis Donnerstag von sieben bis 17.30 Uhr und Freitag bis 16 Uhr. Die Kinder werden nicht nach Alter getrennt, sondern in sogenannten Familiengruppen gemeinsam betreut. "Das hat den Vorteil, dass die Kleineren von den Größeren lernen können. Gerade wenn wir experimentieren, beobachten sie aufmerksam."

Soeben versammeln sich Leo und andere Kinder um einen Tisch. Beatrice, die Kindergartenpädagogin, hat Wassergläser, Lebensmittelfarbe und einen Chinakohl gebracht. Neugierig fragen die Kinder nach, was da jetzt passiert. Auch der zehn Monate junge David beäugt die Situation interessiert. Alle nehmen sich ein Blatt Kohl und dürfen kosten. David verzieht die Miene und nimmt sich das Stück Chinakohl wieder aus dem Mund. .Jedes Kind kann sich beteiligen: Wasser ins Glas füllen, bunte Farbe einrühren und ein Blatt Chinakohl so hineinstecken, dass es wie eine Blume herausragt. Der Kohl nimmt schon etwas Farbe auf. Beatrice fragt die Kinder, was man ihrer Meinung nach in wenigen Tagen beobachten kann. Einige überlegen, andere antworten sofort und geben Tipps ab. Geduldig stellen sie die Gläser auf eine Kommode, die im Raum steht. Jedes Kind kann jeder Zeit nachsehen, was mit dem Chinakohl passiert.

Mama, Papa, schaut mal!

Im Eingangsbereich sticht eine Wand mit Kinderzeichnungen von einer Zunge ins Auge. Mit den Plakaten lassen die Kinder ihre Eltern an ihrem Wissen teilhaben. Die Zeichnungen sind mit großen Klammern bestückt. Wenn man auf diese drückt, sind Kinderstimmen zu hören, die erklären, dass eine Zitrone sauer schmeckt. Der Kindergarten hat sich nicht nur aufgrund der Mint-Spezialisierung herumgesprochen. Stolz ist man besonders auf die Sprachenvielfalt, die von Gall als Pluspunkt für die Kinder hervorgehoben wird. Die gemeinsame Sprache ist Deutsch, aber es wird unterstützt, wenn Kinder auch in ihrer Muttersprache sprechen möchten. "Wir hatten ein Mädchen, das beim Schulreifetest gefragt hat, ob es auch auf Italienisch bis zehn zählen solle, das könne es nämlich auch." (Stefanie Leschnik, 19.2.2020)