Immer mehr Firmen abseits der Computer- und Peripheriegerätehersteller entdecken eine neue Zielgruppe für sich: Gamer. Besonders beliebt sind Nahrungsergänzungsmittel, etwa in Form von Drinks oder Tabletten, die am virtuellen Schlachtfeld das entscheidende Quäntchen Überlegenheit bringen sollen.

Doch auch die Textilbranche wittert das große Geschäft. Die Luxusmodefirma Luis Vuitton hat etwa die letzte League-of-Legends-WM groß gesponsert und den Pokal designt. Beim Sportartikelhersteller Puma setzt man auf Funktionswäsche und hat seit einigen Wochen "Gamersocken" um 90 Euro im Programm. Offiziell nennen sie sich "Active Gaming Shoes", faktisch sind sie aber ein Mittelding – sogenannte "Sockenschuhe". Wir haben sie einem Test unterzogen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Warme Luft

"Nahtloser Komfort, Unterstützung und Grip" lautet das Versprechen hinter den Schuhen. Die Produktbeschreibung erwähnt auch noch vier "Modi": Seek, Attack, Cruise und Defense. Was so klingt, als wären die Schuhe verstellbar oder gar mit elektronisch gesteuerten Funktionen ausgestattet, ist allerdings heiße PR-Luft. Es gibt keinerlei Möglichkeit, die Größe oder etwas anderes nachzujustieren.

Äußerlich präsentiert sich das Schuhwerk für Videospieler in einer eng anliegenden Passform mit Netzmuster. Ob man mit Socken reinschlüpfen sollte oder nicht, vermögen weder Produktseite noch Verpackung zu verraten. Im Test zeigte sich aber, dass es selbst mit dünnen Sneaker-Socken tendenziell zu warm wird. Das Material mag atmungsaktiv aussehen, die Schicht unterhalb der Netzstruktur isoliert allerdings recht gut.

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Auf Dauer wird es auch bei normaler Zimmertemperatur von 20 Grad eine Spur zu warm und sorgt für Schweißaustritt im Sohlenbereich und in der Folge auch zu Geruchsentwicklung, der man mit Desinfektionsmittel bzw. Schuh-Deodorant entgegentreten sollte. Das Herausnehmen der Innensohlen hilft hier etwas, raubt den den Tretern allerdings ihr kleines Bisschen Stabilität. Der Eindruck ist freilich ein sehr subjektiver. Menschen, die tendenziell kalte Füße haben, haben mit der guten Abschirmung vermutlich Freude.

Angenehm griffige Sohle

Für die Verwendung außerhalb der eigenen vier Wände sind die Gaming-Schuhe ausdrücklich nicht gedacht, obwohl sie so wirken, als könnten sie im Sommer eine Alternative zu Sandalen sein. Der Eindruck wirkt verstärkt durch die Gummisohlen, die wirklich guten Halt geben. Sie waren auch der einzige bemerkbare Vorteil beim Gamen. Mit mehr Grip am Boden verrutscht man auch am Sessel nicht so leicht und muss die eigene Haltung und die Hand am Keyboard weniger nachjustieren. Dankenswerterweise erzeugen die Sohlen übrigens keinen Abrieb.

Vorteilhaft ist das auch bei der Verwendung einer VR-Brille auf glattem Parkettboden. Games wie Beatsaber oder die Boxsimulation Creed verlangen nach einem soliden Stand, den Pumas Fußbekleidung gewährleistet. Die ebenfalls angedeutete Stabilisierung der Knöchel "("lateral support") hält sich jedoch in Grenzen, da das Material insgesamt recht dünn ist.

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Highend-Lösung für Lowend-Problem

Im Endeffekt erweisen sich die Active Gaming-Shoes als sportlich aussehende, glorifizierte Hauspatschen mit griffigen Gummisohlen und etwas zu gut isolierendem Außenmaterial. In den meisten Indoor-Alltagssituationen ist man mit regulären Wohnungsschuhen oder Socken wohl ebenbürtig bedient. In gamingspezifischen Szenarien dürften Socken mit Gummisohlen (ab ca. 20 Euro im Handel erhältlich) vergleichbare Ergebnisse liefern.

Die Puma-Schuhe sind per se kein schlechtes Produkt, aber eine teure Highend-Lösung für ein sehr spezifisches Problem, das deutlich günstiger behoben werden kann und nur am Rande mit Gaming zu tun hat – denn niemand rutscht gerne aus, wenn er im "Seek"-Modus den Kühlschrank ansteuert, um ihn zu looten. Wer hofft, dank der Spielerschuhe plötzlich in den Master-Rang in League of Legends aufzurücken oder bei PUBG beständig "Chicken Dinners" zu holen, wird jedenfalls enttäuscht. (Georg Pichler, 16.02.2020)