Klangvisionär mit Haydn-Vorliebe: Giovanni Antonini.

APA/Schöndorfer

Alt und Jung jubeln gern bei Jubiläen – die Älteren aktuell gerade in Sachen Beethoven. Doch auch die Zukunft ist voll der runden Zahlen: Zwölf Jahre nach dem 250. Geburtstag des Wahlwieners gilt es, das 300. Wiegenfest Joseph Haydns zu feiern.

Zu diesem Behufe hat Giovanni Antonini vor sechs Jahren das Projekt "Haydn2032" ins Leben gerufen. Der gebürtige Mailänder absolvierte seine musikalische Ausbildung in der Civica Scuola di Musica seiner Heimatstadt sowie am Centre de Musique Anciennein Genf. Mit seinem Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel will der Visionär bis zum Jubeltag alle Symphonien Joseph Haydns zu Gehör bringen, im Konzert und natürlich auch auf Tonträger.

Im Brahms-Saal des Musikvereins wurden am Dienstagabend vier davon aufgeführt: zwei frühe (C-Dur, Hob. I:2, um 1760 entstanden, und D-Dur, Hob. I:24, von 1764) und zwei der Pariser Symphonien (A-Dur, Hob. I:87 und C-Dur, Hob. I:82, 1785/86 komponiert).

Der direkte Vergleich der beiden C-Dur-Symphonien in der zweiten Konzerthälfte führte vor Ohren, dass beim pannonischen Promotor und Chefentwickler dieser zentralen Gattung der Wiener Klassik schon die Anfänge von Haydn’schen Qualitätsmerkmalen wie Witz, Abwechslungsreichtum, Originalität und einer soliden Verarbeitung der Themenfäden gekennzeichnet waren.

Leider im falschen Saal

Antonini und das Kammerorchester Basel demonstrierten dies mit Feuer, szenischer Lebendigkeit und emotionaler Drastik – aber leider im falschen Saal. So in etwa müsste es klingen, wenn Guns n’ Roses ihren Gig vom Happel-Stadion spontan ins Porgy & Bess verlegen. Denn im intimen Brahms-Saal wirkte die Performance der Basler oft überzeichnet, künstlich aufgeputscht, grell, auf hysterische Weise den Extremen verpflichtet: als ob Dragqueen Olivia Jones in eine Steckdose gegriffen hätte.

Im Finale der Symphonie DerBär (I:82 in C-Dur) harmonierte die spektakuläre Darbietung mit dem zirkusnahen Inhalt des Stücks jedoch komplett. Es setzte begeisterten Applaus für Giovanni "The Greatest Showman" Antonini und seine Schweizer Artistentruppe. (Stefan Ender, 14.2.2020)