Die Leiche der Siebenjährigen wurde im Mai 2018 im Dittes-Hof in Wien-Döbling gefunden.

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Wien – Dass der 17-jährige Robert K. am 11. Mai 2018 in Wien-Döbling die siebenjährige Nachbarstochter ermordet hat, steht fest. Die Frage, die das Geschworenengericht unter Vorsitz von Norbert Gerstberger beantworten muss: War K. damals zurechnungsfähig, oder litt er unter einer so schweren psychischen Erkrankung, dass er nicht wusste, was er tat?

Der Auftrag, eine Antwort zu finden, kommt vom Obersten Gerichtshof (OGH). Der verlangte als Berufungsinstanz ein weiteres psychiatrisches Gutachten, da zwei Experten, Peter Hofmann und der mittlerweile verstorbene Werner Gerstl, in der ersten Verhandlung zu gegensätzlichen Erkenntnissen gekommen waren.

Täter versteckte Leiche in Müllcontainer

Bei der Neuauflage erzählte der Angeklagte neuerlich davon, dass ihm innere Stimmen die Tat befohlen hätten und er "schon immer" eine imaginäre Freundin namens Antonia habe. Die habe damals aber leider geschlafen und ihn nicht abgehalten.

Für Kathrin Sevecke, Leiterin einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tirol, sind diese Einbildungen aber noch keine Hinweise für eine kindliche Schizophrenie, wie die mittlerweile dritte vom Gericht bestellte Gutachterin den Laienrichtern erklärte. Aus der Literatur berichtete sie, dass bei Delinquenten, die unter Einfluss von Stimmen handeln, fast immer ein Moment des "Erwachens" und der Reue beschrieben wird. K. versteckte die Leiche dagegen in einem Müllcontainer, säuberte den Tatort und lebte normal weiter.

Den "Thrill des Tötens" erleben

Damit ist für Sevecke wie schon zuvor für Hofmann klar, dass der Teenager logisch und überlegt handelte. Sie diagnostizierte ihm eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und hartherzig-emotionslosen Zügen sowie Zwangsstörungen. Demnach sei der 17-Jährige aber schuldfähig. Der exzessive Konsum japanischer Manga-Serien, speziell seiner erklärten Lieblingsserie "Death Note", soll zudem "mit dazu geführt haben, dass er den 'Thrill des Tötens' erleben wollte", heißt es in Seveckes 150 Seiten umfassenden schriftlichen Gutachten.

Verteidigerin Liane Hirschbrich versuchte mit zahllosen und teils pampig vorgetragenen Fragen, die Zweifel der Geschworenen an dieser Einschätzung zu wecken.

Zurechnungsfähig, zwölf Jahre Haft

Die acht Geschworenen kamen schließlich am späten Donnerstagabend mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass K. bei der Tat zurechnungsfähig und damit schuldfähig war, er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bei der Strafbemessung waren die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, seine geständige Verantwortung und die krankheitsbedingte Einschränkung – der Bursch weist eine kombinierte Persönlichkeitsstörung auf – mildernd. Erschwerend wurden die Heimtücke der Tat, die Hilf- und Wehrlosigkeit des Opfers und das "eiskalte Nachtatverhalten" berücksichtigt, wie Richter Gerstberger ausführte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, APA, 13.2.2020)