In wenigen Wochen ist wieder internationaler Frauentag. Was die Gleichberechtigung in Aufsichtsräten österreichischer Unternehmen betrifft, weist WU-Professorin Susanne Kalss bereits jetzt darauf hin, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt.

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Wien – WU-Rechtsprofessorin Susanne Kalss zieht zwar ein positives Zwischenfazit zur seit 2018 gesetzlich vorgeschriebenen Frauenquote in Aufsichtsräten von börsennotierten und großen Unternehmen. Einige Aspekte des Gleichstellungsgesetzes von Frauen und Männern im Aufsichtsrat seien aber "verbesserungswürdig", sagte Kalss.

Eine verpflichtende Geschlechterquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten gilt seit Anfang 2018 für Kapitalvertreter-Neubestellungen bei börsennotierten oder großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Damit die Regelung greift, muss außerdem der Aufsichtsrat aus sechs Kapitalvertretern und die Belegschaft mindestens zu 20 Prozent aus Frauen bestehen. "Es ist sehr gut, dass es die Quote gibt", sagt Kalss. Es sei für Unternehmensvertreter ein Anreiz, nach den ausreichend vorhandenen qualifizierten Frauen Ausschau zu halten.

Mehr Vielfalt bei Ausbildung, Berufen und Alter

Für "rechtspolitisch nicht sachgerecht" hält die WU-Professorin, dass die Regelung erst für Aufsichtsräte mit sechs Kapitalvertretern und einem Personal-Frauenanteil von 20 Prozent gilt. Außerdem greife die Quote nicht bei Aktiengesellschaften ohne Börse-Notierung mit weniger als 1.000 Mitarbeitern.

Die WU-Rechtsprofessorin würde sich bei Aufsichtsratsmitgliedern mehr Vielfalt bei Ausbildung, Berufen und Alter wünschen. Es gebe unter anderem in Österreich und Deutschland die Tendenz, dass ehemalige Manager in der zweiten Karriere "etliche Jahre dranhängen". Die reichliche Erfahrung von älteren Aufsichtsräten sei natürlich gut, aber diese würden "nicht mehr die ganze Dynamik" der Marktentwicklung – etwa bei Digitalisierung und Umweltthemen – erleben. Ein guter Aufsichtsrat verfüge über viel Marktkenntnis und sei "ein kritischer Begleiter" des Vorstands.

Formelle statt informelle Berichtspflicht

Die Causa Casinos ist für Kalss ein Beispiel dafür, dass es eine formelle Berichtspflicht für Aufsichtsratsmitglieder bei staatlichen Beteiligungen geben sollte, die vom Staat oder von der Staatsholding ÖBIB entsandt wurden. Dies sei notwendig, um die Eigentümerverantwortung umfassend wahrzunehmen. Derzeit werde nur informell berichtet. (APA, 14.12.2020)