Tastaturgetippsel, knallende Türen, Kolleginnen und Kollegen, die mit drahtlosen Kopfhörern auf dem Kopf telefonierend durch die Gänge flanieren. Großraumbüros sind eine akustische Herausforderung für den Verstand, der sich auf seine Arbeit konzentrieren möchte. Das hielt Arbeitgeber lange nicht davon ab, immer mehr auf diese Art des Arbeitsplatzes zu setzen. Dem werden neuerdings aber schöner verpackte Konzepte entgegengestellt: Coworking, Space Sharing Working, Office 4.0. Hauptsache flexibel.

Wer lediglich einen großen Raum zum Arbeiten hat, der braucht zumindest die passenden Möbel, um Individualität reinzubringen. Das geht von Schreibtischen, die modular aneinandergereiht werden können, über Kastln, die zum Verstauen und zum Sitzen verwendet werden, hin zu Sesseln, die so entworfen sind, dass sie den darauf Sitzenden akustisch von der Außenwelt abschirmen. Alles, damit die Unkonzentriertheit und die mangelnde Privatsphäre nicht so ins Gewicht fallen. Denn das früher hochgelobte Konzept des Großraumbüros ist längst nicht so genial, wie es vor allem die Firmen verkaufen, die sie einführen.

Nervige Faktoren

Eine Harvard-Studie aus dem Jahr 2018 fand heraus, dass die Kommunikation in Großraumbüros weniger wird im Vergleich zu jener in einzelnen Räumen. Darüber hinaus gibt es Erhebungen, die von häufigeren Krankheitsfällen und mangelnder Produktivität berichten, so wie eine Umfrage aus Dänemark das bereits 2011 gezeigt hat.

Der größte Punkt dürfte allerdings der sein, der Ihnen am Anfang dieses Texts wohl bereits grausige Erinnerungen beschert hat. Die Geräuschkulisse eines Großraumbüros wirkt sich negativ auf die Leistung aus, das fand eine Studie von 2013 heraus. Bei dem Experiment ging es nicht darum, hoch-komplexe Aufgaben zu lösen – sondern grundlegende Arithmetik. Warum wurde also so lange an Großraumbüros festgehalten?

Großraum war einmal: Heute wird unter anderem mit modularen Möbeln von Anbietern wie Actiu auf flexible Arbeitsplätze gesetzt.
Foto: Actiu

Bis zu den Ergebnissen der Harvard-Studie war es oft ein Argument, dass Großraumbüros die Kommunikation zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördern. Praktisch, dass gleichzeitig die finanzielle Frage durch die Großraumantwort ausreichend erfüllt wurde: mehr Mitarbeiter pro Quadratmeter. Und die Studie erklärt weiter, Routineaufgaben ließen sich in großen Räumen besser ausführen als in kleinen – das gilt aber nicht für kreative Arbeiten. Es sind also Lösungen gefragt, die Großraumbüros in geeignete Arbeitsräume verwandeln.

"Bürowelten"

Eine Aufteilung in Arbeitsflächen und Rückzugsorte. Hier kommen wieder modulare Möbel ins Spiel. Wenn das aber nicht ausreicht, spielt der Begriff Flexible Working heutzutage seine mythenumwobenen Karten aus.

Im Grunde genommen geht es darum, möglichst flexible Lösungen für alle, Kreative sowie Ausführende, zu finden. Da kann es sein, dass Kolleginnen und Kollegen in einem größeren Raum sitzen, nebenan aber extra ein Raum für Besprechungen liegt und ein Zimmer weiter eine Telefonzelle zum Zurückziehen steht. Oft sind diese Flexible Offices Großraumbüros, die mit ein- und ausbaubaren Trennwänden unterteilt sind. "Bürowelten" werden diese dann gern genannt und zeigen, dass sich die Zeit des großen Raums mit ungetrennten Tischen dem Ende zuneigt.

Damit einhergehend nennen Expertinnen und Experten auch die sich verändernden Führungspraktiken in der Generation Y und Z. Flache Hierarchien, Transparenz und Kommunikation – für einzelne Büros ist da also kein Platz mehr und, wie bereits angesprochen, sinkt die Kommunikation im Großformat. Der Raum beeinflusse die Kultur und vice versa.

Flexibilität gefragt

Y und Z. Zwei Buchstaben, die in diesem Kontext eine große Rolle spielen. Denn ein großes Argument der Flexible-Working-Betreiber ist, dass sich diese neue Art von dynamischen Büros nicht an die Boomer richtet, sondern an die jungen Leute. Die würden es bevorzugen, flexibel zu sein, räumlich und zeitlich. Der Arbeitsplatz solle zu einem Ort werden, an dem man gern seine Zeit verbringt. Mixt man noch den Begriff Coliving hinzu, hat man das Gefühl, die Ys und Zs dieser Welt werden zukünftig ihr flexibles Büro nie wieder verlassen.

Flexible Working und modulare Büromöbel werden die Nachteile des Großraumbüros nicht alle ausmerzen können. Und doch dürften der Schritt in Richtung Flexibilität und auch der Mut zur Individualität für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer gut sein. Während also die Grenzen zwischen den Arbeitsplätzen wieder gezogen werden, verschwinden sie im Hinblick auf Arbeit und Privatleben. Flexibel muss Mensch und Maschine sein. (Thorben Pollerhof, 19.02.2020)