Mit bis zu elf Zentimetern Flügelspannweite leicht zu sehen – und immer häufiger auch in urbanen Gebieten: Verstädterung und Klimawandel sind zwei Trends, die der Großen Königslibelle sehr zugutekommen.
Foto: Frank Suhling/TU Braunschweig

Vor Kurzem erst berichteten deutsche Forscher von einem Phänomen, das auf den ersten Blick paradox, bei näherer Betrachtung aber nur logisch wirkt: nämlich dass die Bestäubung von Pflanzen in Stadtgebieten besser funktioniert als in deren Umland. Der Grund: Agrarisch genutzte Gebiete bilden eine so eintönige und mit Pestiziden belastete Umgebung, dass sie eine geringere Viefalt an bestäubenden Insekten aufweisen als die aus vielen unterschiedlichen Mini-Biotopen zusammengesetzten Stadtgebiete.

Dazu passt auch ein Befund, den nun die Technische Universität Braunschweig präsentiert hat: Auch Wasserinsekten wie Libellen geht es in Stadtgebieten besser als im intensiv landwirtschaftlich genutzten Raum. Forscher der Universität untersuchten 30 Städte und fanden dort einen hohen Artenreichtum vor. In Braunschweig selbst wurden 70 Prozent aller in Deutschland vorkommenden Libellen-Arten gefunden.

Angenehmes Stadtleben

Frank Suhling vom Institut für Geoökologie der TU Braunschweig vom Institut für Geoökologie der TU Braunschweig erklärt: "Ein Grund ist vermutlich, dass die Randbereiche der Städte eher Erholungszwecken dienen und dafür umweltverträglicher bewirtschaftet werden als das landwirtschaftliche Umland. Es gibt mehr naturnahe Landschaftselemente und weniger Einsatz von Pestiziden."

Außerdem finden die Libellen ideale Bedingungen durch die Renaturierung von Fließgewässern oder die Anlage von Teichen. Und ganz besonders scheinen sich Arten in Städten wohl zu fühlen, die vom Klimawandel profitieren. Solche Arten waren früher eher selten, doch nun sind sie im Aufwind – was wiederum nicht ohne Folgen für jene Arten bleiben wird, die den räuberischen Libellen als Beute dienen: "Wir gehen davon aus, dass ihr häufiges Vorkommen negative Folgen für andere Arten hat", sagt Suhling.

Was sich gegen das Insektensterben tun lässt

Die Braunschweiger Studie steht im Kontext zweier wissenschaftlicher Beiträge in der Fachzeitschrift "Biological Conservation". Darin diskutieren 30 internationale Experten sowohl die Gefahren als auch die Möglichkeiten zur Vermeidung weiteren Insektensterbens. Ihre Bilanz: Es müsse dem Klimawandel entgegen gewirkt, hochwertige Flächen für den Naturschutz bereitgestellt und weltweit die landwirtschaftliche Produktion so geändert werden, dass eine Koexistenz der Arten gefördert wird.

Und damit das nicht so abstrakt bleibt, zählen sie auch einige konkrete Maßnahmen auf, die jeder für sich durchführen kann, um dem Insektensterben entgegenzuwirken:

  • Vermeiden Sie häufiges Mähen Ihres Gartens; lassen Sie die Natur wachsen und füttern Sie Insekten.
  • Pflanzen Sie einheimische Pflanzen; viele Insekten benötigen diese, um zu überleben.
  • Vermeiden Sie Pestizide; gehen Sie organisch vor, zumindest in Ihrem eigenen Garten.
  • Entfernen Sie alte Bäume, Baumstümpfe und abgestorbene Blätter nicht; sie sind die Heimat unzähliger Arten.
  • Bauen Sie ein Insektenhotel mit kleinen horizontalen Löchern, die zu Nestern werden können.
  • Reduzieren Sie Ihren CO₂-Fußabdruck.
  • Unterstützen Sie Naturschutzorganisationen und arbeiten Sie ehrenamtlich in diesen Organisationen mit.
  • Führen Sie keine lebenden Tiere oder Pflanzen ein oder lassen Sie sie nicht in die Natur frei, da sie einheimischen Arten schaden können.
  • Seien Sie sich der kleinen Lebewesen bewusst; schauen Sie auch auf die kleine Seite des Lebens.

(red, 14. 2. 2020)