EU-Ratspräsident Charles Michel hat einen neuen Kompromissvorschlag für das EU-Budget auf den Tisch gelegt: Die EU-Staaten sollen demnach 1,074 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in den EU-Haushalt zahlen.

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Brüssel – Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union muss sich der Staatenbund auf ein neues Budget einigen. Dieses Vorhaben entwickelt sich zu einem durchaus komplizierten Unterfangen. Die EU-Staaten sollen in der neuen Finanzperiode 2021 bis 2027 nach Vorstellungen von EU-Ratspräsident Charles Michel 1,074 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Brüsseler Kasse zahlen. Das geht aus dem neuesten Vorschlag Michels an die Mitgliedstaaten hervor.

Dies wären knapp 1.095 Milliarden Euro und damit etwa acht Milliarden Euro mehr als im letzten Vorschlag vom Dezember. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wertet den neuen Vorschlag zum EU-Budget von Ratspräsident Charles Michel als "Bewegung in die richtige Richtung." EU-Ministerin Karoline Edtstadler reagierte hingegen skeptisch: "Wir sind ganz klar gegen ein Auslaufen der EU-Rabatte."

Anders als von der EU-Kommission und dem Parlament ursprünglich gefordert, will Michel Rabatte für Österreich und weitere Länder nicht abschaffen. Für den Haushaltszeitraum von 2021 bis 2027 würden die Beiträge Deutschlands, Dänemarks, der Niederlande, Österreichs und Schwedens "durch Pauschalkorrekturen reduziert". Sie würden aber stufenweise verringert.

Österreich legt sich quer

Zurzeit liegen die Positionen weit auseinander: Nettozahler wie Österreich, Deutschland, Schweden, die Niederlande und Dänemark fordern, den nächsten Sieben-Jahres-Haushalt bei 1,0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung zu belassen, was rund einer Billion Euro entspricht. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat aber zuletzt Kompromissbereitschaft signalisiert. "Irgendwo zwischen einem Prozent und 1,11 Prozent" sei der Verhandlungsspielraum.

Länder, die stark von Agrar- und Strukturhilfen profitieren, fordern dagegen deutlich mehr. Die EU-Kommission hat ihrerseits 1,11 Prozent der Wirtschaftsleistung vorgeschlagen. Das EU-Parlament fordert sogar 1,3 Prozent. Dies wären 1,324 Billionen Euro und damit mehr als 300 Milliarden mehr als bisher. Die Mitgliedstaaten müssen den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen einstimmig billigen. Am Ende muss auch das Europaparlament zustimmen.

Sondergipfel am kommenden Donnerstag

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist laut "Spiegel" zu Zugeständnissen in den Verhandlungen über das Mehrjahresbudget bereit. Wie das Magazin am Freitag berichtete, macht die Kanzlerin dies allerdings davon abhängig, in welchem Umfang die Partnerländer Umschichtungen in Zukunftsprojekte zulasten der Agrarausgaben zustimmen. Zudem bestehe sie weiter auf einem Beitragsrabatt für Deutschland.

Die Staats- und Regierungschefs kommen am Donnerstag nächster Woche zu einem Sondergipfel zusammen, um die Finanzierung der EU in den Jahren von 2021 bis 2027 auf eine neue Grundlage zu stellen. In dem 53 Seiten langen Papier ist auch eine Steuer auf Plastikverpackungen enthalten. Dort heißt es, dass pro Kilogramm unrecyceltem Verpackungskunststoff 80 Cent fällig sein sollen. Mit der Plastiksteuer und möglichen Überschüssen aus dem europäischen Emissionshandel sollen für die siebenjährige Periode 14 bis 15 Milliarden Euro zusammenkommen, hieß es aus dem Rat in Brüssel.

Veto-Drohung

Vier Fraktionen des Europaparlaments hatten am Donnerstag in einem Brief an Michel mit einem Veto gegen die bisherigen Planungen gedroht. Die Fraktionsvorsitzenden von Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen forderten mehr Geld für Bereiche wie Klimapolitik, Forschung und Digitalisierung, lehnten aber Einschnitte in der Agrarpolitik und bei Strukturhilfen für Regionen ab.

Der aktuelle Vorschlag sieht deutlich weniger Geld für die gemeinsame Agrarpolitik vor, die von 382,5 Milliarden Euro (ohne Großbritannien) auf 329,3 Milliarden schrumpfen würde. Für die Kohäsionspolitik sind 323,2 statt bisher 367,7 Milliarden Euro (ohne Großbritannien) vorgesehen. (APA, red, 14.2.2020)