Nora Waldstätten als rebellische Nonne Lisette.

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Spielt die Harfe und glaubt an Gott. Oder etwa nicht? John Malkovich ist "The New Pope".

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Der Zwischenpapst hat keine lange Amtszeit (Marcello Romolo).

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Papst Pius (Jude Law) ist allgegenwärtig.

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Die Nonne wacht über den komatösen Papst.

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Gut drei Jahre ist es her, als der scharfzüngige Papst Pius XIII. ins weltliche Serienreich eindrang. Arrogant, selbstherrlich, tiefgründig und unwiderstehlich ließ Seine Heiligkeit Fürsprecher wie Widersacher am Glauben verzweifeln. Die Hände zum Gebet gefaltet, stellte er seine Schafe auf die Probe. Achtung, jetzt folgen Spoiler! Den Härtetest bestand so gut wie keiner, auch der strenge Kirchenvater selbst fiel ihm zum Opfer. Pius hauchte sein Leben aus. Zum Wohl aller, versteht sich.

Alles hängt von ihm ab

So hatte es zumindest am Ende von The Young Pope mit Jude Law als eigenwilligem Pontifex den Anschein. Aber manchmal fügen sich die Dinge. So wie die eben erteilte Absage von Papst Franziskus zu Priesterehe und Pfarrerinnen und der Start von Paolo Sorrentinos The New Pope als eine Art höherer Hinweis darauf, wie sehr Wohl und Wehe der katholischen Kirche von einem Mann abhängen. Aber sprich nur ein Wort ...

In Österreich starten die neuen Folgen der europäisch-amerikanischen Koproduktion am Donnerstag.

In komatöser Schönheit

Was anderes als Schönheit soll man diesem mit sich so uneinigen System entgegenbringen, mag sich Sorrentino gefragt haben. Eine Nonne wäscht den reglosen Papstleib, langsam, bedächtig, windet den Schwamm aus, berührt sein Haar, streicht ihm über das Tuch, das seine Lenden bedeckt. Wie die gesamte katholische Kirche liegt der junge Papst im Koma. Draußen herrscht bereits hektische Betriebsamkeit. Die Pfaffen wittern ihre Chance: Derselbe Fehler darf kein zweites Mal passieren. Jetzt bestellen die Kardinäle einen, der tut, was sie sagen.

Der Versuch schlägt fehl, weder beim nächsten – Franziskus II. (Marcello Romolo) – noch beim weiteren Nachfolger, der ebenfalls bald gefunden werden muss. Dieser ist ein Schöngeist der alten Schule und muss erst vom einflussreichen Kardinal und Strippenzieher Voiello (Silvio Orlando) überredet werden. Danach wird auch dieser Papst kein Heiliger sein.

Auch in der Fortsetzung der Papstserie gilt Sorrentinos vorderstes Interesse der Ästhetik. Der Italiener führte Regie und schuff mit der Rolle des John Brannox, des späteren Papst Johannes Paul III., einen noch mysteriöseren Kirchenvater. John Malkovich interpretiert ihn mit gewohnt geschmeidiger Finesse. So ruhen die neuen Folgen eher in sich, das Charisma des Vorgängers Jude Law bleibt selbst für einen Könner wie Malkovich unerreichbar. Die Optik ist erneut ein Fest, und es gibt einige gelungene Drehbucheinfälle.

Nonnen in High Heels

Da wäre zum einen der italienische Radiosender, der 24 Stunden am Tag den Atem des komatösen Pius ausstrahlt, während die "Fans" auf dem Petersplatz kampieren. Nonnen tanzen unterdessen in High Heels um die Altäre und zetteln – angeführt von Schwester Lisette (Nora Waldstätten) eine Rebellion an.

Daneben gibt es witzige Audienzen vom höflichen Marilyn Manson und von Sharon Stone – samt Basic Instinct-Moment. Stone will vom Papst über Schwulenhochzeit reden, was dieser sanft abwürgt: "Die Bibel ist kein iPhone, Upgrades ausgeschlossen."

Kettenrauchende Symbolfigur

Dezidiertere Aussagen über den Vatikan wird man noch weniger als in der ersten Staffel finden. The Young Pope war noch als düstere Vision zu lesen – mit einer krankhaft selbstbezogenen, kettenrauchenden Symbolfigur. Johannes Paul III. spielt die Harfe und schaut versonnen durch seine mit Kajal umrandeten Augen. Malkovich kann das, keine Frage.

The New Pope ist in solchen Momenten ein Starvehikel, dem man gerne zuschaut. Sorrentino entwirft wieder ein faszinierendes Universum. Aber irgendwie fehlt dieser Serie das, was auch der junge Papst dringend bräuchte: ein funktionierendes Herz. Neun Folgen auf Sky, grauweißer Rauch. (Doris Priesching, 15.2.2020)