Europaministerin Karoline Edtstadler ist laut "Kronen Zeitung" Österreichs mächtigste Frau.

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Für die Frauen war es eine starke Woche. Die "Kronen Zeitung" kündigte, vorsichtshalber zeitlich begrenzt, ein Jahrzehnt der Frauen an, und "Woman" warf exklusiv Vizekanzler Werner Kogler auf den Markt, sicherheitshalber & Partnerin. Deutlichster Ausdruck dafür, dass in der "Krone" das Jahrzehnt der Frauen begonnen hat, war die spirituell bedauerliche Rückreihung der Kolumne des Kardinals auf die Seite 52, während sich im vorderen redaktionellen Umfeld, in dem er vormals predigen durfte, ohne jede Rücksicht auf erbsündliche Erwägungen die mächtigsten Frauen im Land in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft & Showgeschäft säuberlich gerankt von 1 bis 100 tummelten. Wenn jetzt nur nicht Wolfgang Fellner mit einem Ranking der hundert erfolgreichsten Exorzisten zurückschlägt!

Christoph Dichand, skeptisch

Was das feministische Dezennium betrifft, konnte sich Herausgeber Christoph Dichand mit der Frageform Gehört den Frauen die Zukunft? eine gewisse Skepsis offenbar nicht verkneifen, versuchte das aber mit dem körperbetonten Argument abzumildern, Frauen an der Macht machen als Frauen Karriere und nicht weil sie sich mit den Männern, wie die Brunhilde aus dem Nibelungenlied, messen wollen. Dabei wäre Frauen, die als Frauen Karriere machen wollen, mit brunhildischem Know-how besser geholfen, die Männerwelt ist weit ärmer an Siegfrieden, vor denen man als Frau bei entsprechender Entschlossenheit wirklich zurückstehen müsste.

Wie die "Krone"-Jury zu ihrer Reihung gekommen ist, wird ewiges Redaktionsgeheimnis bleiben, ist also wurscht. Ein wenig negative Klarheit schafft lediglich die Anmerkung: Mitarbeiterinnen der "Krone" wurden nicht gewertet, was das ganze Ranking feministisch entwertet und ein schreiendes Unrecht an Frau Prof. Dr. Gerti Senger darstellt, deren jahrzehntelangem Ringen um ein besseres Verständnis zwischen den Geschlechtern jedenfalls größere Bedeutung zukommt als – ein Beispiel für viele – der Nummer 58 des Rankings: Susanne Thier, Kurz-Langzeit-Lebensgefährtin. Um Missverständnissen vorzubeugen, wurde Eva Dichand von dem Verdacht gereinigt, Mitarbeiterin des "Krone"-Herausgebers zu sein, sie fungierte unter Nummer 19 als Herausgeberin erfolgreich, in der Wirtschaftswelt vernetzt, als Kunstexpertin in vielen Funktionen gefragt. Oder auch als topvernetzte Verlegerin & einflussreiche Kunstexpertin.

Lady & Aushängeschild, bahnbrechend

Brachten es die First Lady & Aushängeschild Doris Schmidbauer und Brigitte Bierlein, bahnbrechend als erste Kanzlerin der Republik nur auf die Plätze zwei und drei, führten der erste und der letzte Platz des Rankings vor, was in der Republik der "Kronen Zeitung" wirklich los ist. 100. Philippa Strache, letzte Reihe im Parlament, letzte in der Liste. Dass sie, Erste in weiblicher Leidensfähigkeit und Tierfreundlichkeit, sich mit ihrem Spesenritter in die Ungnade teilen muss, die der Herausgeber über seinen einstigen Auflagensteigerer ausgießt, sagt mehr über die Lage der Frauen in Österreich aus als jede Genderstudie. Und seit Sebastian Kurz den Platz an der Sonne Dichands von Strache übernehmen durfte, konnte der erste Rang an gar niemand anderen gehen als an – Tusch! – Karoline Edtstadler, Kurz’ eiserne Lady & Vertraute im Kanzleramt.

Dass es eine gewisse Melissa Naschenweng, weiblicher Gabalier mit pinker Ziehharmonika, immerhin auf Rang 66 schafft, sich aber unter hundert Frauen nicht eine einzige Naturwissenschafterin, keine einzige ernsthafte Schriftstellerin befindet, sagt über die "Kronen Zeitung" nur das, was ohnehin über sie zu sagen ist, aber alles über ein Land, in dem sie sich einer Leserschaft von 2,5 Millionen rühmen und dafür noch Unterwürfigkeit und Förderung aus der Politik entgegennehmen darf.

Bleiben wir bitte schön am Boden

Da mag es ein Trost sein, wenn es "Woman" gibt, mit der Macht, Männer zu fördern. Seit sechs Wochen ist Werner Kogler, 58, nun als Vizekanzler angelobt. Man könnte also meinen, dass sich langsam alles einspielt. Dem ist aber nicht so. Wie wahr, und das schon seit sechs Wochen. Da entspannt sich der Mann lieber bei der Frage, ob er sich als ein Role Model in Sachen Feminismus empfinde. Ach, bleiben wir bitte schön am Boden und tun nicht wichtig herum. Vielleicht kann man mir zugutehalten, dass ich starke Frauen wie Alma Zadic und Leonore Gewessler zu den Grünen geholt und dann als Ministerinnen vorgeschlagen habe. Mehr auch nicht. Offenbar mussten sie ihm nicht als Brunhilden entgegentreten. (Günter Traxler, 15.2.2020)