Es ist jedenfalls ein mutiger Schritt, gerade auch in ihrer Lage. Es stellt sich aber auch die Frage, ob das wirklich von vorn bis hinten durchdacht und ein kluger Schritt ist. Pamela Rendi-Wagner stellt die Vertrauensfrage. Die SPÖ-Chefin tut das ohne konkreten Anlass, und so wie die Vertrauensfrage erst einmal dasteht, klingt sie dramatischer, als sie ist. Rendi-Wagner denkt nämlich nicht daran, ihren Rücktritt anzubieten, sondern will eher das Gegenteil bezwecken: In einer Mitgliederbefragung stellt sie die Frage, ob sie an der Spitze der SPÖ bleiben soll. Und erwartet sich ein klares Ja, also eine Unterstützung von unten gegen so manche Querschüsse von der Seite. "In der Demokratie gelten Mehrheiten, je höher, umso besser für mich", sagt Rendi-Wagner in einem Video, mit dem sie Werbung für sich macht.

Die SPÖ-Zentrale in Wien.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Kommunikationstechnisch ist das ein gewagter Vorgang, weil er doch einiges an Erklärung braucht und Missverständnisse provoziert. Ohne Not stellt Rendi-Wagner in einer Phase, in der es gerade wieder etwas besser für sie läuft, ihren Rücktritt in den Raum und zettelt eine Führungsdebatte an. Die Befragung birgt auch ein erhebliches Risiko in sich: Sind Zustimmung und Vertrauen nicht allzu hoch, müsste Rendi-Wagner tatsächlich ihre Sachen packen und den Vorsitz abgeben. Die Frage ist nur, an wen. Bis jetzt sind alle parteiinternen Putschversuche gegen sie genau an dieser Frage gescheitert. Wer sollte das an ihrer statt machen? Darauf gab es keine Antwort.

Die Bundesparteichefin der SPÖ im Video.
DER STANDARD/APA

Rotes Ränkespiel

Damit sind wir beim zweiten Hauptdarsteller dieses roten Ränkespiels: bei Hans Peter Doskozil, dem roten Landeshauptmann des Burgenlands, der eben mit einer absoluten Mehrheit gesegnet wurde. Doskozil könnte und wollte, aber nicht jetzt. Er möchte sich nicht als SPÖ-Vorsitzender in kargen Oppositionszeiten auf Bundesebene abnützen. Er rechnet sich bessere Chancen aus, wenn er gut genährt vom burgenländischen Bankett als roter Kanzlerkandidat in einen Wahlkampf einsteigen würde.

Am Freitag wird er sich über die Nachrichten aus der Parteizentrale in Wien aufrichtig gefreut haben, egal wie er sie inhaltlich bewertet. Sie lenken nämlich perfekt von einem Fall von Nepotismus ab, den sich Doskozil gerade selbst umhängt und der weit über den burgenländischen Tratsch hinaus Gesprächsthema in Österreich ist: Der Herr Landeshauptmann versorgt seine Lebensgefährtin mit einem Job in der Landesregierung. Sie wird dort Referentin.

Das ist jene Postenschacherei, die Rote gerne verurteilen, wenn andere sie betreiben. Es zeugt vom fehlenden Gespür des Landeshauptmanns, wenn er sich seine zukünftige Frau quasi ins Vorzimmer setzt. Da stieg ihm offensichtlich der Wahlsieg zu Kopf. Das geht einfach nicht.

Eben noch konnte man den Eindruck gewinnen, die SPÖ sei dabei, sich zu regenerieren, und finde in ihre Rolle als schlagkräftige Oppositionspartei. Da hat sie offenbar doch noch einen längeren Weg vor sich. (Michael Völker, 14.2.2020)