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Eine junge Frau in einem Shoppingcenter in Kitwe, Sambia, im südlichen Afrika, schützt sich vorsorglich vor dem Coronavirus.

Foto. AP/ Emmanuel Mwiche

Wuhan/Paris/Kairo – Die USA haben hunderte Landsleute von dem in Japan unter Quarantäne gestellten Kreuzfahrtschiff Diamond Princess ausgeflogen. Zwei von der US-Regierung gecharterte Flugzeuge hoben am Montagmorgen vom Tokioter Flughafen Haneda ab. Das Schiff steht seit zwei Wochen im Hafen von Yokohama wegen des Virus Sars-CoV-2 unter Quarantäne.

Bisher sind 355 Fälle des Erregers unter Menschen von Bord des Schiffes bestätigt. Von den rund 400 US-Bürgern an Bord waren 44 positiv getestet worden. Sie wurden in Krankenhäuser gebracht.

14 Tage in Texas

Die USA ließen ihre Staatsbürger in der Nacht mit Fahrzeugen des japanischen Militärs aus dem Hafengelände von Yokohama holen. Die Fahrer trugen dabei Schutzanzüge. Die Betroffenen sollen zunächst 14 Tage auf US-Militärstützpunkten in Kalifornien und in Texas in Quarantäne kommen. Auch Kanada, Hongkong und Israel bereiten sich laut japanischen Medienberichten darauf vor, ihre Landsleute von Bord des Schiffes zu holen. Gegenwärtig befinden sich noch rund 3.000 Personen auf dem Kreuzfahrtschiff.

Das Coronavirus, erklärt.
DER STANDARD

Unterdessen landete eine fünfte Chartermaschine der japanischen Regierung mit 36 Staatsbürgern und 29 chinesischen Familienmitgliedern, die aus der vom Coronavirus betroffenen chinesischen Stadt Wuhan stammen, auf Tokios Flughafen Haneda. Zuvor hatte Japan bereits 763 Landsleute aus Wuhan ausgeflogen.

Mehr als 1.700 Todesopfer

In der besonders betroffenen Provinz Hubei starben weitere 100 Menschen an den Folgen der Erkrankung, teilten die Gesundheitsbehörden am Montag mit. Die offizielle Gesamtzahl der Opfer in Festlandchina ist damit auf 1.765 gestiegen. Die Gesamtzahl der Krankheitsfälle in Festlandchina stieg auf mindestens 70.400. Die allermeisten Todes- und Infektionsfälle treten weiterhin in Hubei auf. Die Behörden haben die Provinz weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.

Doch eine Nachricht vom Sonntag lässt hoffen: Zwar steige die Zahl von Neuinfektionen mit dem Coronavirus in China weiter, aber weniger rasch als bisher, verkündetet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte jedoch vor "vorschnellem Optimismus". Es sei unmöglich, den weiteren Verlauf vorauszusagen.

Am Samstag war aus Frankreich der erste Todesfall durch den Erreger in Europa gemeldet worden: Ein 80-jähriger chinesischer Tourist starb in einem Pariser Spital. Tags davor hatte das ägyptische Gesundheitsministerium mitgeteilt, dass in der Hauptstadt Kairo ein erster Coronafall registriert worden sei.

Bill Gates’ Ängste

Der "Ausländer", der keine Krankheitssymptome aufgewiesen habe, sei in eine Isolierstation eingeliefert, die WHO vorschriftsmäßig unterrichtet worden, hieß es. Später wurde bekannt, dass es sich bei dem Mann um einen Chinesen und bei der Isolierstation um ein Krankenhaus in Matrouh, gut 400 Kilometer westlich von Kairo, handelt.

Fachleute haben vor dieser Entwicklung schon seit Wochen gewarnt. "Wenn diese Krankheit nach Afrika kommt, wird es noch dramatischer als in China werden", orakelte Bill Gates auf einer Konferenz der Amerikanischen Vereinigung zur Förderung der Wissenschaften (AAAS) am Wochenende in Seattle.

Auch in Expertenkreisen wundert man sich, dass die Epidemie noch immer nicht in Afrika angekommen ist, trotz der engen Verbindungen, die der Kontinent zu China unterhält. Zwei Millionen Chinesen leben derzeit in Afrika, während sich hunderttausende afrikanische Studenten und Geschäftsleute in China aufhalten.

Kühne Thesen

Für die angebliche Unfähigkeit des Virus, sich in Afrika niederzulassen, werden in sozialen Netzwerke bereits kühne Thesen bemüht. Dem Erreger sei es dort zu heiß, heißt es. Oder auch: Afrikaner seien gegen das Virus immun. "Alles Blödsinn", meint der Coronavirus-Experte Paul Hunter, der an der University of East Anglia Medizin lehrt. Wer weiß, ob das Virus nicht schon längst in Afrika angekommen ist. Im schlimmsten Fall wird die Präsenz des Virus erst viele Tage nach seiner Ankunft in einem afrikanischen Staat zum Vorschein kommen – nachdem der Patient bereits hunderte Menschen infiziert hat. Das Szenario, das Bill Gates umtreibt.

So könnte es im Fall des Kreuzfahrtschiffs Westerdam gewesen sein, das nach tagelanger Irrfahrt in Kambodscha anlegen durfte. Eine 83-jährige Amerikanerin, die das Schiff schon verlassen hatte, wurde bei ihrer Weiterreise in Malaysia positiv auf das Virus getestet. Auch ihr Mann zeigte Symptome der Krankheit, ein Virustest fiel aber – zumindest vorerst – negativ aus. Beide wurden in Quarantäne genommen. (red, jod, 16.2.2020)