Steueroasen üben eine große Anziehungskraft auf Konzerne aus.

Foto: Imago

Allzu viel hat sich nicht getan im Wettlauf der Konzerne, ihre Gewinne in Länder mit niedrigen Steuern zu lenken. Neben den karibischen Inseln, Mauritius und den Seychellen sind auch in Europa einige Staaten mit geringen Abgabesätzen Magnete für Unternehmensprofite. Diese Praxis ist in den letzten Jahren – vor allem seit Ausbruch der Finanzkrise – immer kritischer beäugt worden. Ganz einfach weil die Steuern in den Staaten mit durchschnittlichen oder hohen Abgabesätzen fehlen.

Eine Studie unter Mitwirkung des bekannten Forschers Gabriel Zucman kam im Vorjahr zu dem Ergebnis, dass sich Konzerne 2016 durch Gewinnverschiebungen fast 200 Milliarden Dollar an Steuern erspart haben. Vor allem Multis beschäftigen Heerscharen an Steuerexperten, um wenig an den Fiskus abzuführen. Schätzungen gehen davon aus, dass multinationale Konzerne 40 Prozent der im Ausland erwirtschafteten Profite in Steueroasen verschieben.

Podcast: Die Steuertricks, die Österreich Milliarden kosten und bringen.

Neue Untersuchung

Die Praxis erfolgt unter heftiger Mitwirkung europäischer Staaten: Vor allem Malta, Irland, Luxemburg, die Niederlande und die Schweiz machen demnach anderen Ländern mit attraktiven Bestimmungen Steuereinnahmen abspenstig. Nun hat sich der Ökonom Konstantin M. Wacker, der an der niederländischen Universität Groningen lehrt und früher unter anderem bei der Weltbank tätig war, im Auftrag des sozialliberalen Momentum-Instituts die Verschiebungen österreichischer Unternehmen genauer angesehen.

Er kommt zu dem Ergebnis, dass Österreich 2016 rund 1,1 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren hat, weil Gewinne verlagert wurden. Auf 2018 hochgerechnet ergibt sich sogar ein Entgang von 1,3 Milliarden. Am meisten Erlöse zieht demnach die Schweiz ab gefolgt von Irland und Luxemburg (siehe Grafik).

Allerdings gibt es beispielsweise zwischen der Schweiz und Irland auf der einen Seite und österreichischen Unternehmen auf der anderen Seite recht starke Beziehungen. Wenn etwa Lizenzen für die Herstellung eines bestimmten Produkts in Österreich anfallen, gilt dieser Transfer auch als Gewinnverlagerung. Hierzulande zählt beispielsweise die Papierfabrik Nettingsdorf zur irischen Smurfit-Gruppe, mehrere Pharma- und Transportunternehmen stehen unter Schweizer Kontrolle.

Verschieben mit Patenten

Nichtsdestotrotz sind in den letzten Jahren umfassende, in der Regel legale Steuervermeidungspraktiken von Multis enthüllt worden. Meist müssen über Markenrechte oder Patente hohe Gebühren an die Muttergesellschaft bezahlt werden, die dann in einem Niedrigsteuerland sitzt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Demo gegen zu niedrige Konzernsteuern.
Foto: Dpa/Lino Mirgeler

Zu den prominenten Beispielen zählen Amazon, Starbucks, Apple, Ikea und viele andere mehr. Allein McDonald’s hat laut einer Untersuchung von 2009 bis 2015 in der EU 1,5 Milliarden Euro an Steuern gespart, indem hohe Lizenzgebühren an eine Holding in Luxemburg geflossen sind, die im Herzogtum wiederum keiner Besteuerung unterlagen.

Neue Besteuerung gefordert

In der Momentum-Untersuchung wird gefordert, Konzerne dort zu besteuern, wo die Anlagen stehen und/oder der Endkonsum anfällt. Bereits eine Einigung auf EU-Ebene könnte hier globale Lenkungseffekte haben, heißt es. (Andreas Schnauder, 17.2.2020)