Die türkische Schriftstellerin Aslı Erdoğan lebt seit 2016 in Deutschland im Exil.

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Ankara – Wenige Tage nach ihrem Freispruch von Terrorvorwürfen hat die im deutschen Exil lebende Schriftstellerin Aslı Erdoğan eine Rückkehr in ihr Heimatland Türkei ausgeschlossen. Unter den gegenwärtigen Umständen könne sie nicht in die Türkei zurückgehen, da sie Gefahr laufe, erneut festgenommen zu werden, sagte Erdoğan in einem Telefoninterview.

"Eine weitere Festnahme würde für mich den Tod bedeuten", sagte Erdoğan, die selbst nicht mit einem Freispruch gerechnet hatte. "Um ehrlich zu sein, war ich sehr überrascht. Fast alle gingen davon aus, dass ich verurteilt werden würde", sagte die Autorin, die nicht mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan verwandt ist. "Ich kann es immer noch nicht glauben, aber wenn es nicht dieser Fall ist, wird es einen anderen Fall geben." Jegliche Äußerungen, die sie in Interviews oder an anderer Stelle abgebe, könnten in einem erneuten Gerichtsverfahren gegen sie verwendet werden, sagte die 52-Jährige.

Nicht schuldig

Ein Gericht in Istanbul hatte Erdoğan am Freitag nach einem umstrittenen Gerichtsprozess freigesprochen. Die Richter befanden sie der Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung sowie Zersetzungsversuchen nicht schuldig. Das Gericht ordnete zudem die Einstellung eines Verfahrens wegen Terrorpropaganda an.

Aslı Erdoğan hatte Kolumnen für die prokurdische Zeitung "Özgür Gündem" verfasst. Nach dem Putschversuch gegen Präsident Erdoğan im Juli 2016 wurde die Zeitung unter dem Vorwurf von Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) geschlossen, mehrere Mitarbeiter festgenommen. Aslı Erdoğan und anderen Angeklagten wurde vorgeworfen, durch ihre Mitarbeit bei "Özgür Gündem" die PKK unterstützt zu haben.

Exil in Deutschland

Aslı Erdoğans Festnahme hatte 2016 international Empörung ausgelöst. Sie verbrachte 130 Tage in Untersuchungshaft, bevor sie schließlich freigelassen wurde und ins Exil nach Deutschland ging.

Seit dem Putschversuch wurden in der Türkei etliche Medien geschlossen und Journalisten festgenommen. Die Türkei verschärfte zudem die Repressionen gegen Intellektuelle, Wissenschafter und Aktivisten. Zu den bekanntesten im Exil lebenden türkischen Intellektuellen zählt neben Erdoğan der frühere Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, der ebenfalls nach Deutschland geflohen ist.

Türkische Gerichtsverfahren gegen Österreicher

Auch mehrere Österreicher gerieten in die Fänge der türkischen Justiz. Der steirische Aktivist und Journalist Max Zirngast war im September nach einem Jahr Haft und Ausreiseverbot in einem Terrorprozess überraschend freigesprochen worden, die Wiener Pädagogin Mülkiye Laçin durfte im Jänner nach sechs Monaten Ausreiseverbot das Land verlassen, während das Gerichtsverfahren gegen sie weiterläuft. (APA, 17.2.2020)