Die Ungerechtigkeit schreit zum Himmel. Während jeder kleine Steuerzahler auf Herz und Nieren geprüft und dann meist auch noch gerupft wird, perfektionieren multinationale Konzerne die sogenannte Steueroptimierung. Eine Zwischengesellschaft ist in einem Niedrigsteuerland angesiedelt, an die Niederlassungen in Hochsteuerländern hohe Gebühren für Patente oder Markenrechte abführen. Das drückt den Gewinn beispielsweise in Österreich, wo letztlich kaum Steuern bezahlt werden. Im Holdingland, sagen wir Irland, sorgt eine niedrige Körperschaftsteuer dafür, dass der Konzern fast ungeschoren davonkommt. Auf die Spitze getrieben werden diese Modelle durch Ausschüttungen an Steueroasen, in denen dann die große Kohle gebunkert wird.

Die Ungerechtigkeit stinkt förmlich zum Himmel, weil sie hinlänglich bekannt ist und wenig passiert. Wie viele Enthüllungen und parlamentarische Anhörungen in wie vielen Ländern zu den Praktiken von Apple, McDonald’s, Starbucks oder Amazon gab es eigentlich in den letzten Jahren? Jedenfalls mehr als konkrete Schritte, um die großangelegte Steuervermeidungsorgie zu beenden.

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Milliardenschwere Großkonzerne zahlen dank rechtlicher Schlupflöcher und Steueroasen besonders wenig Steuern.
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Doch eines sei in dieser Debatte auch gesagt: Wer glaubt, mit ein paar Kniffen für Gerechtigkeit sorgen zu können, der macht es sich recht einfach. Beispiel gefällig? Wenn eine österreichische Papierfabrik keine Lizenzen mehr an die irische Mutter zahlt (und steuerlich absetzt), wird man sich in Dublin zweimal überlegen, an welchem globalen Standort künftig Investitionen stattfinden werden.

Derzeit laufen aussichtsreiche Initiativen, mit denen Gewinne verstärkt am Ort des Endkonsums besteuert würden. Gute Sache. Die Steuerbemessungsgrundlage von Google und Facebook würde dann – weil es ja keine Betriebsstätte gibt – anhand von Werbung und/oder Nutzerzeit in Österreich ermittelt werden. Abseits der IT-Welt sollen Konzerne mit hohen Gewinnen aus Lizenzen wie beispielsweise in der Pharma- und Luxusgüterbranche dort mehr Steuern zahlen, wo die Kunden zu Hause sind.

Was derzeit auf OECD-Ebene diskutiert wird, ist gut gemeint und geht in die richtige Richtung, doch ob die Vorschläge praktikabel sind, muss sich erst zeigen. Richtig komplex wird die neue Weltsteuerordnung, wenn Old und New Economy zusammentreffen. Die Frage, wie viel Google in einem BMW steckt, wird die internationalen Steuerexperten noch länger beschäftigten. (Andreas Schnauder, 17.2.2020)